© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 33/05 12. August 2005

Zeitschriftenkritik: Rund
Herausforderer mit Bodenhaftung
Thomas Bachmann

In Italien und Portugal erscheinen jeweils drei, in Griechenland sieben tägliche Sportzeitungen, die den breitesten Raum dem Fußball einräumen. Die Türkei soll es auf acht oder neun, der Iran gar auf 17 derartige Titel bringen. In Deutschland wagt sich hingegen der Kicker gerade einmal mit zwei Ausgaben pro Woche auf den Markt. Die Etablierung eines neuen monatlichen Fußballmagazins sollte also in einem Land, dessen letzter intakter Mythos das "Wunder von Bern" ist, keine unlösbare Aufgabe sein.

Rund heißt das Projekt, dessen erstes Heft seit Ende Juli im Handel ist. Der Titel soll, man ahnt es kaum, wohl an die Form des Balles erinnern, vielleicht handelt es sich sogar um eine literarische Anspielung an ein geläufiges Zitat von Sepp Herberger. Derart subtil erscheint die ganze bislang erkennbare Machart der Zeitschrift. Deutlich ist das Bemühen, in einer Marktnische gegen das Magazin 11 Freunde anzutreten, dessen süffiger und sentimentaler Stil nicht unbedingt eine verlegerische Goldgrube erschlossen, ohne Frage aber journalistisch für Furore gesorgt hat.

Die Ideen und Themen, die Rund dagegensetzt, sind allerdings vergleichsweise bieder. Anzuerkennen ist jedoch die Intention, die Vorzüge des erfolgreichen Originals nicht einfach zu kopieren.

11 Freunde frönt dem Kopfkino, das Fußball auszulösen vermag. Liebevoll arrangierte Histörchen stehen im Vordergrund, die Erinnerung an große Begegnungen, legendäre Spieler-Originale und einstmals bedeutende, heute in der Versenkung verschwundene Vereine wird leidenschaftlich beschworen. An die profane Wirklichkeit der mehr oder weniger unternehmerisch betriebenen Rasenunterhaltung wird die romantische Forderung erhoben, den Fußball doch, bitte sehr, den Fans zurückzugeben. Rund ist hier, und darin könnte langfristig seine Stärke liegen, auf mehr Bodenhaftung aus. Fußball wird so genommen, wie er heute nun einmal ist. Gerade diese Herangehensweise erlaubt es, Fragwürdiges ohne schrullige Attitüden zu benennen.

In der ersten Ausgabe werden beispielsweise die Geschäftspraktiken einer nicht unerheblichen Zahl von Spielerberatern akribisch nachgezeichnet. Der Leser vermag auf diese Weise das Taumeln mancher Vereine, in deren Kader sich Mängelkicker aus aller Herren Länder tummeln, besser nachzuvollziehen. Wo es um Fakten geht, blitzt die Expertise auf - etwas anderes war vom Olympia Verlag, in dem schließlich auch der Kicker erscheint, nicht zu erwarten.

Die Schwächen von Rund offenbaren sich dort, wo es einen feuilletonistischen Zugang zum Fußball zu erschließen gilt. Gerade ein solcher ist jedoch unverzichtbar in einem Monatsmagazin, in dem es nicht um Tabellenstände, die Auswertung von Einzelpartien und aktuellen Transferklatsch gehen kann. Rund wird hier mehr bieten müssen, als Jürgen Klopp an den Lügendetektor anzuschließen, Bildstrecken über Flitzer in Stadien zu präsentieren oder seitenlang die Befindlichkeiten des bulligen "Tatort"-Mimen und BVB-Fans Dietmar Bär auszubreiten. Die Gratwanderung zwischen der Kicker-Sachlichkeit und den 11 Freunde-Traumwelten ist sicherlich keine leichte Übung. Sie dürfte den Machern von Rund aber zuzutrauen sein.

"Rund" kostet im Zeitschriftenhandel 2,80 Euro.


Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen