© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 34/05 19. August 2005

Gerechter unter den Völkern
Jüdischer Historiker: Pius XII. war ein Freund
Werner Veith

So ändern sich die Zeiten. Die Papstwahl von Eugenio Pacelli (1876-1958) am 2. März 1939 wurde von der internationalen Presse, gerade von jüdischen Medien, sehr positiv aufgenommen. Lediglich das nationalsozialistische Deutschland beklagte die Entscheidung. Heute dagegen wird Pius XII. als "Hitlers Papst" diffamiert und wegen seiner Rolle zur Zeit des Nationalsozialismus immer wieder scharf kritisiert.

Dabei hat die historische Forschung inzwischen nachgewiesen, daß Pius XII. Tausende von Juden in römischen Klöstern und auf seinem Sommersitz Castel Gandolfo versteckte und sie so vor der sicheren Deportation rettete. Deswegen gehe es den linksgerichteten Kritikern von Pius XII. auch nicht um konkrete historischen Fakten, so der jüdische Historiker und orthodoxe Rabbiner David G. Dalin, sondern um den Kampf gegen die traditionelle katholische Kirche im allgemeinen.

In seinem soeben erschienenen Buch "The Myth of Hitler's Pope" (Der Mythos von Hitlers Papst) kritisiert der Professor für Geschichte und Politikwissenschaften an der Ave Maria Universität in Naples, Florida, nicht nur den handwerklichen Pfusch einiger Historiker - das Verdrehen und Mißachten von historischen Ereignissen. "Die Schlacht um den Ruf von Papst Pius XII. ist eine der historisch bedeutendsten Schlachten in den Kulturkriegen." Die linke Elite beute die Tragödie des jüdischen Volkes für ihre Angriffe gegen das Papsttum und gegen die traditionelle katholische Lehre aus, so Dalin. Dieser Instrumentalisierung des Holocaust gelte es sich zu widersetzen.

Seit Jahren kämpft der Rabbiner für eine Rehabilitierung des Pacelli-Papstes. Erstmals Aufsehen erregte er im Februar 2001 mit einem Aufsatz über Pius XII. und die Juden in der Zeitschrift The Weekly Standard. Später schlug Dalin vor, Pius XII. den Ehrentitel "Gerechter unter den Völkern" zu verleihen. Mit dieser Auszeichnung der israelischen Gedenkstätte Yad Vashem werden nichtjüdische Personen geehrt, die sich für das Überleben von Juden während des Holocaust eingesetzt haben.

Mit seinem Buch unterstreicht Dalin nun seinen Vorschlag, Papst Pius XII. mit diesem Titel auszuzeichnen. In einem Interview mit dem Internetdienst Catholic Exchange wiederholte Dalin jüngst diese Forderung und betonte, es gebe "zahlreiche Berichte jüdischer Zeitzeugen, die die historische Rolle Pius' XII. bei der Rettung von Juden verifizieren". Auch das Konkordat, das der Vatikan mit Hitler schloß, sei eine "pragmatische" und selbst aus jüdischer Sicht "moralisch vertretbare Maßnahme" gewesen, "um deutsche Katholiken zu beschützen". Es sei bereits 1933 unterzeichnet worden, "lange, bevor Hitler irgendeins seiner antisemitischen Gesetze erließ".


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