© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 37/05 09. September 2005

Linksradikale Vergangenheit
Außen grün, innen rot
Werner Veith

Einmal Nationalsozialist, immer Nationalsozialist - nach diesem Motto kritisiert Torsten Mann die rot-grüne Bundesregierung, nur unter umgekehrten Vorzeichen: einmal Marxist und Steinewerfer, immer Marxist und Steinewerfer.

Um diese These zu belegen, zählt der Verfasser viele Schandtaten und Dummheiten derjenigen auf, die 1968 gegen die politische Ordnung protestierten: "Stalin war so ein Typ wie wir, nicht nur, daß er sich als Revolutionär verstanden und gelebt hat, sondern er war im wahrsten Sinne des Wortes eben auch so ein Typ", zitiert er Joschka Fischer. Ausführlich werden die Gewalttaten von Fischer und seinen Schlägertrupps geschildert. "Mit Revolution verbanden wir niemals nur einen politischen Umsturz, einen anderen Staat, eine andere Macht- und Eigentumsverteilung, sondern vielmehr die Verneinung all dessen", schrieb Fischer 1979 im Sponti-Magazin Pflasterstrand.

Nicht nur Fischer wird kritisch beleuchtet. Torsten Mann nimmt sich die gesamte rot-grüne Regierung einzeln vor: Gerhard Schröder wird auf 16 Seiten unter Beschuß genommen, später folgen Innenminister Otto Schily, die Justizministerinnen Herta Däubler-Gmelin und Brigitte Zypries, die Finanzminister Oskar Lafontaine und Hans Eichel sowie Umweltminister Jürgen Trittin.

Manchmal schießt der Autor weit übers Ziel hinaus, besonders wenn er die aktuelle Politik der Bundesregierung kritisiert: "Die Menschenverachtung der rot-grünen Arbeitsmarktreformen wird besonders deutlich angesichts der im Zuge von Hartz IV möglich gewordenen Vermittlung von langzeitarbeitslosen Frauen ins Rotlicht-Milieu." Hier unterstellt Mann, daß die Agentur für Arbeit Frauen zur Prostituion zwinge, doch kein einziges reales Frauenschicksal wird angeführt. Auch wäre Manns Argumentation glaubwürdiger und stichhaltiger, wenn er die zahlreichen Äußerungen von Schröder, Fischer oder Lafontaine gegen die Wiedervereinigung durch Originalquellen belegen würde, statt sich auf Zitate aus zweiter oder dritter Hand zu verlassen. Schröders Reden vor dem Niedersächsischen Landtag müßten protokolliert sein.

Torsten Mann: Rot-grüne Lebenslügen. Wie die 68er Deutschland an die Wand fahren. Jochen Kopp Verlag, Rottenburg 2005, 224 Seiten, gebunden, 16,90 Euro


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