© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 37/05 09. September 2005

Fleisch-Mafia:
Kein deutsches Stück Lebenskraft
Alex Tarnow

Ob Fleisch aus Deutschland oder Blumenkohl von den Kapverden - kein existenzbedrohendes Problem, denken viele, solange der Ladenpreis stimmt. Schließlich lebt der Mensch nicht vom Brot allein. Daß sich aber eine ganze Fleisch-Mafia hinter dem geliebten Rückensteak aus einheimischer Produktion austoben soll, um effizient und ohne Skrupel den flotten Euro zu machen - da wird nun doch das Steak in der Pfanne verrückt. Die Dokumentation "Die Fleisch-Mafia" (NDR, 12. September, 23.00 Uhr) von Adrian Peter deckt am Beispiel der fleischverarbeitenden Industrie perfide Machenschaften auf.

Kohl-Ära als Wegbereiter zu Hartz-IV-Niveau

Es geht um Schlachtbetriebe, in denen die komplette Belegschaft durch weit billigere, osteuropäische Lohnarbeiter ersetzt worden ist. Letztere arbeiten und leben zu Bedingungen weit unter Hartz-IV-Niveau; erstere steuern auf dieses hin. Gezeigt werden Hintermänner und Profiteure eines Menschenhandels, der bereits Anfang der neunziger Jahre einsetzte: Inhalt der sogenannten Werkvertragsabkommen der Ära Kohl. Deutsche Firmen dürfen osteuropäische Lohnsklaven anheuern, wenn sie belegen können, daß sich Einheimische für diese Arbeiten nicht finden. Schließlich hat nicht jedes mittelständische Unternehmen Geld, um seine Produktion ins Ausland zu verlagern. Man riecht förmlich die argumentative Schlagwortkette der in den Fokus der Öffentlichkeit geratenen Fleischunternehmer: Weltmarkt, Konkurrenzkampf, stabile Preise. Der olfaktorische Faktor verbleibt zwar hinter der Mattscheibe, doch irgendwie stinkt es.


Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen