© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 38/05 16. September 2005

Die Stimme bleibt
von Eike Erdel

Der hessische Ministerpräsident Roland Koch (CDU) hat jüngst bei einem Wahlkampfauftritt in Fulda darauf aufmerksam gemacht, daß die Zweitstimmen von Wählern nicht berücksichtigt werden, wenn diese erfolgreich den im letzten Jahr aus der CDU ausgeschlossenen Bundestagsabgeordneten Martin Hohmann als Direktkandidaten in den Bundestag wählen. Eine Wahl Hohmanns schade daher der Union.

Diese Argumente dürften tatsächlich einige Wähler davon abhalten, den parteilosen Hohmann zu wählen. Wer möchte schon gerne, daß seine Zweistimme ungültig wird? In Wirklichkeit hat der Wähler aber nur eine Stimme, mit der er auf die Sitzverteilung im Bundestag Einfluß nehmen kann, denn nur die Zweitstimme ist für die Sitzzuteilung maßgeblich. Die Erststimme gibt dem Wähler nur ein Mitspracherecht bei der personellen Verteilung der Sitze einer Partei. Wird aber ein Parteiloser als Direktkandidat gewählt, dann hat der Wähler schon erfolgreich Einfluß auf die Sitzverteilung im Bundestag genommen. Hohmanns Wähler dürften also zufrieden sein. Das Problem ist aber, daß kaum ein Wähler weiß, daß er im Grunde genommen nur eine Stimme vergeben kann. Er ist der Meinung, daß er eine Stimme weniger hat, wenn er erfolgreich einen parteilosen Direktkandidaten wählt, denn die Bezeichnung Erst- und Zweitstimme läßt auf zwei Stimmen schließen. Daher mindert diese Regelung die Chancen parteiunabhängiger Kandidaten, zumal wenn undifferenziert gegen sie propagiert wird.


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