© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 38/05 16. September 2005

Der große Irrtum
von Alexander Griesbach

Es ist keine leichte Zeit, die George W. Bush derzeit durchlebt. Das weitgehende Versagen des Krisenmanagements im Zusammenhang mit dem Hurrikan "Katrina" wird dem US-Präsidenten angelastet. Seitdem sinkt die Zustimmung zu seiner Politik noch schneller, als es vorher bereits der Fall war. Im gleichen Maße steigt in den USA die Unzufriedenheit. Etwa mit der Situation im Irak, die die Amerikaner - neben dem Leben vieler Soldaten - monatlich Milliarden von Dollar kostet. In dieser Situation muß Bush der Einwurf seines früheren US-Außenministers Colin Powell gerade recht kommen, der sich vor einigen Tagen von seiner Rede vor dem Uno-Sicherheitsrat im Februar 2003, mit der er den geplanten Angriff auf den Irak zu rechtfertigen suchte, öffentlichkeitswirksam distanziert hat.

Powell sprach von einem "Schandfleck" in seiner politischen Karriere. Er fühlt sich als Opfer einer Desinformation bestimmter Geheimdienstkreise, die "nicht verläßlich" gewesen seien. Mit anderen Worten: Die Powellsche Lesart des völkerrechtswidrigen Angriffskriegs gegen den Irak ist, daß Geheimdienstmitarbeiter die US-Regierung zum Narren gehalten und damit ursächlich einen Krieg ausgelöst hätten. Sind Bush und die Seinen also das Opfer einer großen Schlamperei? Das mag glauben, wer will. Viel wahrscheinlicher ist, daß die US-Geheimdienste den Bush-Kriegern gefälligst das zu liefern hatten, was man von ihnen erwartete. Daß der britische Premier Tony Blair im Vorfeld des Irak-Kriegs mit ähnlich fadenscheinigen "Beweisen" herumhantierte, nährt diesen Verdacht weiter.


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