© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 39/05 23. September 2005

Beweihräucherung:
ARD-Medienpreis CIVIS
Christoph Martinkat

Preisverleihungen haftet meist etwas Unechtes an. Anmaßend die pathetischen Lobhudeleien der Festredner, die sich oft wichtiger als die Preisträger nehmen. Peinlich auch, mit welcher feierlichen Ernsthaftigkeit allseits beliebte TV-Moderatoren durch die Gala führen. Und die Preisträger? Sie danken artig, entweder gespielt bescheiden oder peinlich berührt. Es wäre schön, wenn die biedere ARD bei ihrer alljährlichen Verleihung des Medienpreises Civis für Hörfunk und Fernsehen (28. September, 23.30 Uhr) da eine Ausnahme machte. Doch allein, es fehlt der Glaube.

Paradebeispiel Elstner: seit 40 Jahren Ausländer

Dafür spricht bereits der schlafmützige Wortzusatz des Preises: "für Integration und kulturelle Vielfalt in Europa". Bei soviel political correctness müssen selbst die wichtigsten unter den 279 eingesandten Hör-und Filmbeiträgen auf der Strecke bleiben. Die festliche Preisverleihung findet - oh Wunder - im Europäischen Parlament in Straßburg statt. Schirmherr ist selbstverständlich der Präsident des Europäischen Parlaments, Josep Borrell. Und moderieren wird das Ganze, man glaubt es kaum, die täglich auf allen Kanälen flimmernde Sandra Maischberger. Mit von der Partie sind Juroren wie WDR-Intendant Fritz Pleitgen, Schauspielerin Susanne von Borsody und Moderator Frank Elstner. Letzterer, geboren in Linz, will den Leuten vorab weismachen, daß er "seit 40 Jahren als Ausländer in einem anderen Land" lebt und so einen besonderen Zugang "zum Thema multikulturelles Zusammenleben" besitzt. - Na dann, gute Unterhaltung! Oder besser: Gute Nacht!


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