© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 40/05 30. September 2005

Schärfere Töne
von Jörg Fischer

Polen driftet nach rechts ab", kommentierten die meisten Sender und Zeitungen in Europa - und auf den ersten Blick scheint das auch so zu sein. Die Postkommunisten sind abgewählt, im Parlament kommen die "Linken" (SLD und PSL) nur noch auf etwa 20 Prozent der Sitze. Doch die anderen vier Sejm-Parteien lassen sich zwar alle als dezidiert national-polnisch, aber nur bedingt als "Rechte" einordnen. Gesellschaftspolitisch vertreten speziell PiS und LPR in der Tat konservative und traditionell-katholische Positionen. Die siegreiche künftige Regierungspartei PiS bildet mit der "postfaschistischen" italienischen Alleanza Nazionale und der "rechtspopulistischen" Dänischen Volkspartei im EU-Parlament eine Fraktion. Aus der LPR sind nicht nur - wie bei PiS und PO - anti-deutsche und anti-russische, sondern gelegentlich auch antisemitische Töne zu hören.

Wirtschaftspolitisch sind hingegen nur die PO (und zum Teil die postkommunistische SLD sowie die PiS) klar marktwirtschaftlich orientiert. Und nicht nur die radikale Samoobrona punktet vor allem mit sozialstaatlichen Verheißungen, auch PiS und LPR fordern einen starken (Sozial-)Staat. Trotz aller dramatischen Gewichtsverschiebung sind im künftigen Sejm die gleichen Parteien wie 2001 vertreten. Das polnische Parteiensystem scheint sich zu stabilisieren - obwohl erneut ein Regierungswechsel ansteht. Ob die künftige PiS-PO-Koalition Erfolg hat oder bei der nächsten Sejm-Wahl scheitert, kann niemand vorhersagen. Nur eins ist sicher: Aus Warschau wird künftig eine schärfere, betont national-polnische Sprache zu hören sein.


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