© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 41/05 07. Oktober 2005

Zählappell
von Marcus Schmidt

Wenn Angela Merkel als Fraktionsvorsitzende von CDU und CSU im Bundestag die Häupter ihrer Lieben zählt, hat sie zwei Gründe, einigermaßen zufrieden in die Zukunft zu blicken: Zum einen wird sie zu dem Ergebnis kommen, daß sie mit 226 Abgeordneten die stärkste Fraktion im neuen Parlament zählt. Ein anderes Ergebnis dürfte die erklärte Modernisiererin, die sich auch eine Koalition ihrer Partei mit den Grünen vorstellen kann, kaum weniger freuen.

Wenn Merkel die Mühe auf sich nehmen sollte, die Abgeordneten zusammenzuzählen, die als dezidiert konservativ gelten, bräuchte sie sich damit nicht allzu lange aufzuhalten. Denn die konservativen Unionsabgeordneten, die auch in der medialen Öffentlichkeit zu ihrer heutzutage nicht immer wohlgelittenen Überzeugungen stehen, machen nur einen Bruchteil der Fraktion jener Volkspartei aus, die einst im politischen System - nicht zuletzt in gesellschaftspolitischen Fragen - "rechts" verortet worden ist. Der Fall Hohmann, die politische Hinrichtung des konservativen Bundestagsabgeordneten aus Fulda, wirkt weiter disziplinierend. Manch einer, der mit dem sozialdemokratischen Kurs in der Gesellschaftspolitik unzufrieden ist, der auch bei der Union Einzug gehalten hat, wird angesichts des Schicksals, das Hohmann widerfahren ist, alles daran setzen, eher unauffällig zu bleiben. Zudem fehlt den Konservativen in der Union eine Führungspersönlichkeit, die dieser politischen Richtung eine Stimme geben und sie dorthin führen könnte, wo sie hingehört: in die Mitte der Fraktion.


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