© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 41/05 07. Oktober 2005

Unter Beschuß
JF-Interview: Kritik an Grünen-Politikerin Janicki hält an
Moritz Schwarz

Der Grünen-Politikerin Doris Janicki schlagen die Wellen über dem Kopf zusammen. Seit Wochen sieht sich die Erste Bürgermeisterin der Stadt Duisburg wegen ihres Interviews mit der JUNGEN FREIHEIT (JF 36/05) heftigen Anfeindungen ausgesetzt. Nachdem ihr zunächst der Berliner Tagesspiegel das Interview vorgeworfen hatte, hagelte es Angriffe seitens der eigenen Partei. Grünen-Chefin Roth etwa zeigte sich "entsetzt" und "sprachlos" (JF 38/05).

Auch die regionale Presse nimmt Janicki mittlerweile unter Beschuß: "Peinliches Interview", "Interview schlägt Wellen", "Janicki in der Bredouille", lauten die Schlagzeilen. Die Neue Ruhr Zeitung stellt das Gespräch gar in Zusammenhang mit dem Umstand, daß in Duisburg "die Grünen mit ihrem Kooperationspartner CDU dank des rechten Randes, der Bürger-Union und den Republikanern, zu ihrer Mehrheit kommen".

Die Westdeutsche Allgemeine Zeitung problematisiert vor allem den Inhalt des Geprächs: Janicki hatte heftige Kritik an der Realität der "multikulturellen Gesellschaft" geübt, von der "ganzen Palette der bekannten Integrationsprobleme" in Duisburg gesprochen, den bundesweit bekannt gewordenen Berliner SPD-Politiker Heinz Buschkowsky und dessen These "Multikulti ist gescheitert" (JF 11/05) in Schutz genommen und die Realitätsblindheit der eigenen Partei kritisiert. Die Rheinische Post berichtete prompt, man denke über "parteiinterne Konsequenzen" nach. Duisburgs Grünen-Chef Dieter Kantel: "So etwas darf nicht noch einmal passieren!" In einer Mitgliederversammlung wird nun über Janickis weiteres Schicksal beraten.

SPD-Mann Buschkowsky rettete sich im März nach seinem JF-Interview nur um Haaresbreite vor dem Sturz, indem er sich nach einem Sturm der Entrüstung in Politik und Medien der Hauptstadt bereitwillig einer vollständigen "Kritik und Selbstkritik" unterzog. Nicht besser erging es Roger Hicks: Der Braunschweiger Grüne hatte sich im September 2001 in der JF kritisch zur Einwanderung geäußert und war daraufhin derart heftig von der eigenen Partei unter Druck gesetzt worden, daß er schließlich entnervt seinen Austritt erklärte. Hicks damaliger Abschied an die Adresse der Grünen: "Ideologie kann ganz schön blind machen."


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