© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 42/05 14. Oktober 2005

Die Vertreibung der Deutschen / Südosteuropa

Bereits am 21. November 1944 wur den mit der Aberkennung der jugoslawischen Staatsbürgerschaft für alle Deutschen in Jugoslawien, der Beschlagnahme der Vermögen und dem Entzug des Rechtes auf gerichtlichen oder staatlichen Beistand die Grundlagen der Vertreibung gelegt. Die Festlegung der Übergangsregelungen erfolgte nach Kriegsende: Mit dem Konfiskationsgesetz vom 9. Juni 1945 wurden neben sämtlichen großindustriellen Betrieben Hunderte Klein- und Mittelbetriebe sowie Tausende Häuser und Wohnungen von Deutschen enteignet. Durch die Agrarreform vom 23. August 1945 wurden ferner in Slowenien 114.780 Hektar, in Kroatien 120.977 Hektar deutschen Besitzes konfisziert.

Von Anfang an zielten alle Maßnahmen der neuen Machthaber auf eine möglichst rasche Beendigung der "Deutschenfrage". Bereits seit 1941 verübten Partisanen zunächst vereinzelte blutige Überfälle auf die deutsche Bevölkerung, die sich bis zum Kriegsende exzeßhaft steigerten. Bereits seit Oktober 1944 wurden Deutsche in Lager gepfercht wie in Rudolfsgnad (Dezember 1945: etwa 20.000 Internierte) oder Sternberg, wo etwa 10.000 Deutsche aus Slowenien zusammengetrieben wurden, von denen weit über ein Drittel starben. Etwa 50.000 Deutsche wurden aus Jugoslawien in die Sowjetunion deportiert. Auch nach dem August 1945 kam es für die deutsche Bevölkerung zu keinerlei "humanitären" Erleichterungen: Die Regelungen des Potsdamer Abkommens, nach denen die Massenaussiedlung "auf menschliche Art" (Artikel XIII) erfolgen sollte, wurden von den jugoslawischen Machthabern nicht anerkannt.

Von etwa 500.000 Deutschen, die bis 1945 auf jugoslawischen Territorium siedelten, kamen bis Ende 1945 rund 80.000 ums Leben, davon allein 50.000 in den verschiedenen Konzentrationslagern. Von den 1940 etwa 28.000 registrierten Deutschen in der Untersteiermark, Gottschee und in der Region Lai-bach wurden zwischen 1941 und 1948 mindestens 3.000 ermordet. Nach der Auflösung der Lager 1948 wurde eine deutsche Restbevölkerung von 57.180 Personen im gesamten Bereich Jugoslawiens registriert.

In Ungarn dienten die Regelungen des Potsdamer Abkommens von August 1945 als Grundlage für die Vertreibung von etwa 200.000 Deutschen. 1946 wurden 150.000 Deutsche in die amerikanische Besatzungszone ausgesiedelt, 1947 und 1948 gelangten insgesamt rund 50.000 Ungarndeutsche in die SBZ. Dies entsprach etwa vierzig Prozent aller zuvor in Ungarn lebenden Deutschen.

In Rumänien kam es dagegen nach Kriegsende zwar zu Verfolgungen, Enteignungen und zur Entrechtung der Deutschen, jedoch nicht zur Vertreibung. Die arbeitsfähigen Männer wurden - wie in Jugoslawien - bereits in den ersten Nachkriegswochen in die Sowjetunion deportiert. Die Überlebenden kehrten meist 1949/50 nach Rumänien zurück.

Foto: Vertreibung in überfüllten Waggons ohne Lebensmittelversorgung


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