© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 43/05 21. Oktober 2005

Blick in die Medien
Eiszeit bei Lidl
Ronald Gläser

Nach dem Fall Cicero nun der Fall Lidl. Diesmal ist es nicht der Staat, der gegen unabhängige Medien durchgreift. Jetzt ist es die Einflußnahme von seiten der Großindustrie auf eine Zeitung, die die Gemüter erhitzt. Zu Recht. Die Badischen Neusten Nachrichten (BNN) haben für ein eher trauriges Kapitel deutschen Journalismus' gesorgt, nachdem sie ihre Mitarbeiterin zum Discounter Lidl entsandt hatten. Lidl ist auch größter Anzeigenkunde der BNN. Deswegen hat das Management mit einem wohlwollenden "Au wie toll, daß ihr so viele Arbeitsplätze schafft"-Beitrag gerechnet. Heraus kam jedoch ein Bericht der 38jährigen unter der Überschrift "Handarbeit bei bis zu 24 Grad minus". Da fror in der Lidl-Chefetage glatt jedes Lächeln ein. Über das, was dann genau geschehen ist, kann nur spekuliert werden. Nach der Veröffentlichung bestellte Lidl die Verlagsleitung ein (und drohte?). Am Ende jedenfalls - so viel steht fest - wurde die Redakteurin entlassen. Dem folgenden Pressewirbel sei Dank - inzwischen arbeitet die Reporterin wieder bei den BNN. Es zeigt sich, daß auch journalistische Freiheit immer wieder aufs neue erobert werden muß.


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