© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 45/05 04. November 2005

Auf die Plätze, fertig, Grün!
Warum einfach, wenn es auch kompliziert geht: In Hamburg regelt die bundesweit erste Countdown-Ampel den Verkehr
Peter Müller

Was in Zeiten knapper Haushaltskassen wie ein schlechter Witz erscheint, ist die pure Wirklichkeit. In Hamburg wurde die bundesweit erste "Countdown-Ampel" installiert.

Nun wird sich mancher fragen, was genau eine "Countdown-Ampel" ist und welchen Zweck sie erfüllt. So zumindest geht es vielen Passanten, die dieser Tage an der Fußgängerampel des Hamburger Gänsemarktes verwundert zu dem roten Männchen aufblicken, das ihnen in der Vergangenheit immer zuverlässig anzeigte, wann sie über die Straße durften, indem es verschwand und sein grüner Bruder erschien.

Doch warum einfache Dinge lassen, wenn es auch kompliziert geht und man gleich noch 100.000 Euro aus dem Staatssäckel ausgeben kann? So muß Stadtentwicklungssenator Michael Freytag (CDU) gedacht haben, als er diese innovative Idee umsetzen ließ. Dankenswerterweise läßt er den verunsicherten Fußgänger aber nicht ohne eine plausible Begründung für das Projekt an der roten Ampel stehen. So führt Freytag aus, daß durch die neue Technik der Verkehr sicherer und flüssiger werden soll.

Fraglich ist allerdings, was Senator Freytag mit "flüssiger" meint. Kam es in der Vergangenheit zu Staus an Fußgängerampeln, weil überforderte Fußgänger nicht wußten, wie sie reagieren sollten, als die Ampel so plötzlich und unerwartet auf Grün umsprang?

Jetzt aber soll alles besser werden. Ähnlich wie bei einem Raketenstart kann man nun in Lauerstellung mitzählen, wie viele Sekunden es noch dauert, bis man endlich loslaufen darf.

Und was die Sicherheit betrifft: In der Tat wird dem Stadtrevoluzzer eines der letzten großen Abenteuer unserer Zeit genommen. In großen roten Zahlen hält man dem Rotgänger nun vor Augen, wie sinnlos es war, nur wenige Sekunden vor Grün die gefährliche Straße zu überqueren.

Eine Studie der Hamburger Hochschule für Angewandte Wissenschaften soll nun untersuchen, zu welchen Ergebnissen die neue Ampel führt. Eine gewagte Prognose sei an dieser Stelle erlaubt: Die Masse der Passanten wird bei Grün gehen, einige bei Rot.

Die 100.000 Euro, die das Projekt die Steuerzahler kostet, wären vermutlich in einer Schuldenuhr besser angelegt - diese würde dann allerdings keinen "Countdown" anzeigen, denn der läuft ja bekanntlich auf Null zurück.


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