© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 46/05 11. November 2005

TV-Dokumentation:
"Was lebst du?" Nachtspiel des ZDF
Christoph Martinkat

Nächtliche Unruhen in den Vororten: Autos brennen, Steine fliegen, Polizei marschiert. Zugegeben, die allabendlichen Fernsehbilder aus Clichy-sous-Bois, der Pariser Satellitenstadt mit einem hohem Anteil von maghrebinischen und schwarz-afrikanischen Zuwanderern und einer Arbeitslosenquote von 40 Prozent, verursachen ein mulmiges Gefühl. Doch führen sie nur vor Augen, was insgeheim seit langem klar ist: das Scheitern der westlichen Integrationspolitik. Vor dem Hintergrund der aktuellen Pariser Ereignisse klingt der Titel "Was lebst du?" einer Dokumentation über vier muslimi-sche Jugendliche in Deutschland geradezu obszön (ZDF, 14. November, 0.00 Uhr).

Multikulti-Modell AKEA: Ali, Klais, Ertan & Alban

Die Konklusion aus Ikea-Slogan und Multikulti-Macho-Comedy-Spruch suggeriert dabei zweierlei: Einerseits, wie sehr die Doku-Helden mit allen Wassern medienwissender Selbstdarstellung gewaschen sind. Andererseits, wie authentisch sie im cool gespielten radebrechenden Deutsch herüberkommen. Die Protagonisten heißen Ali, Klais, Ertan und Alban. Natürlich sind sie Rapper. Ihr Treffpunkt ist ein Kölner Jugendzentrum, in dem es keine Deutschen gibt. Ihre Familien kommen aus Marokko, Tunesien, Albanien und der Türkei, wo nur Allah oder echte Machos das Sagen haben. Eine Tradition, die verbindet, ebenso wie die soziale Lage vor Ort. "Was lebst du?" führt also in jene Kreise hinein, die in der Politik unter dem Begriff Parallelgesellschaft firmieren. - Angesichts der Fernsehbilder von Clichy-sous-Bois sei die Frage erlaubt: Wo beginnt die Parallele, und wo endet sie?


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