© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 47/05 18. November 2005

Meldungen

Polnischer Premier für "radikales Aufräumen"

WARSCHAU. Letzte Woche hat der polnische Sejm die Minderheitsregierung von Premier Kazimierz Marcinkiewicz mit 272 zu 187 Stimmen gebilligt. Das Kabinett aus zehn Ministern der sozialkonservativen PiS und acht Parteilosen erhielt nicht nur die 155 PiS-Stimmen, sondern auch die der rechtsnational-katholischen LPR, der linkspopulistischen Samoobrona sowie der bäuerlichen PSL. Die postkommunistische Ex-Regierungspartei SLD und die wirtschaftsliberale PO votierten dagegen. Marcinkiewicz versprach in seiner Antrittsrede ein "radikales Aufräumen": Man brauche einen Staat, der "kein Bridgetisch für Politiker, Geschäftsleute, Geheimdienstleute und Kriminelle" sei. Seine Regierung wolle Polen von der "Last des Postkommunismus" befreien. Firmen wie der Ölkonzern PKN Orlen oder die PKO-Bank sollten staatlich bleiben: "Wir werden diese Unternehmen so entwickeln, daß ein polnischer Markenname und ein polnischer Kapitalismus entstehen." Familienpolitisch sei geplant, daß Mütter länger zu Hause bleiben können und ein "Wiegengeld" erhalten. Das Amt für Gleichstellung wird hingegen aufgelöst. Außenpolitisch sei die Allianz mit den USA die "Garantie für Sicherheit". Der Beitritt zur Euro-Zone sei kein Ziel, Polen werde seine Geldpolitik nicht in "andere Hände" geben.

 

Linksliberale gegen Kirchen-"Privilegien"

BUDAPEST. Die linksliberale Regierungspartei SZDSZ hat gefordert, die den ungarischen Kirchen gewährten "feudalen Privilegien" abzuschaffen. Auch der Vertrag mit dem Vatikan müsse überprüft werden, erklärte Parteigeschäftsführer Péter Gusztos letzte Woche. Gusztos kritisierte die Befreiung von der Kfz- und Gebäudesteuer, die Steuerfreiheit für Kollektengelder, Zuschüsse und Spenden. Die Kirchen sollten künftig eigenständig für ihre Gläubigen aufkommen, indem die Einkommensteuer, die jeder ungarische Steuerzahler für die Unterstützung von religiösen, sozialen und kulturellen Einrichtungen umwidmen kann, von ein auf zwei Prozent erhöht wird. Die so frei werdenden Gelder sollten für soziale Zwecke sowie Gesundheits- und Denkmalschutz genutzt werden, erläuterte Gusztos.

 

Weiter Kopftuchverbot an Universität Istanbul

ISTANBUL. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte wies letzte Woche die Klage einer 32jährigen Türkin ab, die mit islamischem Kopftuch an der Universität von Istanbul studieren wollte. Das Kopftuchverbot an türkischen Hochschulen verstoße nicht gegen das Grundrecht auf Religionsfreiheit, entschieden die Straßburger Richter. Die streng-muslimische Medizinstudentin war 1998 von der Universität Istanbul exmatrikuliert worden, weil sie sich weigerte, ihr Kopftuch innerhalb der Universität abzulegen. Die Kleine Kammer des Gerichts hatte die Klage schon zuvor zurückgewiesen. Das Urteil ist damit rechtskräftig.

 

Ein Jahr Haftstrafe für Beleidigung des Königs

MADRID/VITORIA. Der Chef der verbotenen linksnationalen Basken-Partei Batasuna, Arnaldo Otegi, ist vom spanischen Obersten Gericht in Madrid wegen Beleidigung des Königs zu einem Jahr Haft verurteilt worden. Otegi hatte am 26. Februar 2003 bei einer Pressekonferenz erklärt, Juan Carlos als Oberbefehlshaber der spanischen Streitkräfte zwinge "unserem Volk sein monarchistisches Regime mit Folter und Gewalt auf". Damit wurde ein Urteil eines baskischen Gerichts revidiert, dem zufolge Otegis Aussagen durch die Meinungsfreiheit gedeckt seien. Otegi wurde schon einmal zu sechs Jahren Gefängnis verurteilt, weil er an einer von der gewalttätigen Untergrundorganisation Eta organisierten Geiselnahme beteiligt gewesen sein soll.


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