© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 48/05 25. November 2005

Meldungen

Väter und Söhne: Bewältigungsrituale

BERLIN. Wer die Regeln des geschichtspolitischen Spiels kennt, weiß, daß die lautesten Bekenner von "Schuld und Scham" einen "braunen" Vater, Großvater oder Onkel zu "bewältigen" haben. Jan Philipp Reemtsma, Sohn eines spendablen Förderers von Himmler- und Göring-Unternehmungen, ist nur ein Prominenter in dieser illustren Reihe. Sein Angestellter während der berüchtigten ersten Anti-Wehrmachtausstellung, der Amateur-Historiker Hannes Heer, dürfte daher im Hause Reemtsma für sein derzeitiges Lieblingsthema "Die Nazizeit als Familiengeheimnis" (Zeitschrift für Geschichtswissenschaft, 9/05) sensibilisiert worden sein. Heer nutzt seine Musterung der üppige Blüten treibenden "deutschen Opfererzählungen" im Genre des "neuen Familienromans" von Uwe Timm bis Wibke Bruhns, um indirekt auch mit dem Hamburger Milliardärssohn abzurechnen, der sich "seit einiger Zeit um ein milderes Urteil in Sachen Wehrmachtsverbrechen" bemühe. Daher habe Reemtsma auch Thomas Medicus finanziert, einen Redakteur der Frankfurter Rundschau, damit er seinen Großvater, einen Ritterkreuzträger, General und "Kriegsverbrecher", im "Dienst des Zeitgeistes" rechtfertigen konnte. Ebenso verführen Ulla Hahn oder Arno Surminski, die im Gefolge von Walter Kempowskis "Echolot" die Deutschen vom "Schuldklotz" befreien wollen, während Heer dagegen eifernd den Mythos vom "Täterkollektiv" beschwört. Was tat eigentlich Vater Heer zwischen 1933 und 1945?

 

Wirtschaftspolitik: Blockadebrecher Eichel

BERLIN. Trotz aller volkswirtschaftlichen Horrorzahlen behaupten die Wirtschaftswissenschaftler Werner Eichhorst und Klaus F. Zimmermann, "Rot-Grün" habe die Weichen so gestellt, daß "Rot-Schwarz" gute Chancen habe, uns aus dem Schuldensumpf zu ziehen: Die Reformpolitik seit 1998 habe "Blockaden aufgebrochen" und neue Reformwege eröffnet, die nun zu gehen seien (Aus Politik und Zeitgeschichte, 43/2005). Hans Eichel komme das Verdienst zu, das "radikal-keynianische" Experiment Oskar Lafontaines im Frühjahr 1999 beendet zu haben. Leider setzte Eichel seine Haushaltskonsolidierung nicht fort und kehrte zuletzt sogar zum "moderaten Keynianismus" zurück. Trotzdem sei die Schröder-Regierung für ihre Entlastungen bei der Einkommensteuer und die Systemreform bei der Besteuerung von Kapitalgesellschaften zu loben. Der internationale Wettbewerb fordere jetzt aber weitere "Reformen" der Unternehmensbesteuerung, eine Vereinfachung des Steuersystems und den Subventionsabbau.

 

Europa: Raumfahrt nur mit Subventionen

BREMEN. Vergangene Woche ist die Trägerrakete Ariane 5 erfolgreich ins All gestartet. Trotzdem droht der europäischen Raumfahrt die finanzielle Austrocknung, glaubt man dem EADS-Manager Evert Dudok. EADS als Entwickler der Trägerrakete verlangt neue staatliche Hilfe für die Weiterentwicklung und Vermarktung der Ariane 5. Andernfalls müsse die Entwicklung der Rakete gestoppt werden, was das Gesamtprojekt gefährde (Financial Times Deutschland., 21. November). Von 2006 bis 2009 forderte Dudok jährlich 200 Millionen Euro Hilfsgelder. Um Ariane-Starts zu verkaufen, müßten den Kunden erhebliche Rabatte gegeben werden. Der derzeit am Markt erzielbare Preis decke nicht die Produktionskosten.

 

Erste Sätze

Auch im Leben der Völker spielt, was man Glück nennt, eine Rolle.

Hans Prutz: Preußische Geschichte, Vierter Band: Preußens Aufsteigen zur deutschen Vormacht (1812-1888), Stuttgart 1902


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