© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 49/05 02. Dezember 2005

Marie Theres Kroetz Relin
Hausfrau auf der Barrikade
von Ellen Kositza

Sich möglichst vorteilhaft und geschmeidig zu definieren, wäre für diese schöne, begabte und äußerst vitale 38jährige das geringste Problem: Nach ihrem Auszug aus dem Münchner Elternhaus mit sechzehn - Paris mußte es sein - gelang Marie Theres Relin eine steile Karriere als Schauspielerin. Bald galt sie als die Nachwuchshoffnung des deutschen Films. - Ganz nebenbei ist sie außerdem Tochter von Maria und Nichte von Maximilian Schell, heiratete zudem Franz-Xaver Kroetz, den Lieblingsdramatiker der linken Schickeria. Allein deshalb hätte ihr wohl eine hochglänzende Bunte- und Gala-Karriere offengestanden.

Doch Kroetz Relin, dieses Energiebündel mit kesser Lippe und Kampfesgeist, entschied sich für einen unbestreitbar unterprivilegierten Beruf als Rolle ihrer Wahl: Sie ist Hausfrau aus Überzeugung. Solches Selbstverständnis ist mittlerweile einigermaßen revolutionär, zumal, wenn man es wie diese Mutter dreier Kinder zwischen neun und sechzehn Jahren als die eigentliche Avantgarde der modernen - und das heißt: selbstbestimmten - Frau verkauft.

Noch populärer als ihre Ende letzten Jahres bei Piper erschienene 240 Seiten starke Hausfrauenkampfschrift "If pigs could fly" ist die von ihr initiierte Netzseite hausfrauenrevolution.com. Die Hausfrau als revolutionäres Subjekt führt ein Schwein im Wappen. Hausfrau und Schwein haben allerhand gemeinsam, so Kroetz Relin, und diese Aussage verrät viel über das gekonnte Zusammenspiel von Ironie und tieferem Ernst, das den Ton der "Hausfrauenrevolution" angibt: Beide seien sensibel, intelligent, reinlich, gerieten in Gefangenschaft unter Streß und müßten im Saustall leben - bleibt hinzuzufügen, daß die ökonomischen Dienste von Schwein wie Hausfrau gerne unterschätzt werden. Die Illusion des "fliegenden Schweins" vergleicht Kroetz Relin mit einer wünschenswerten Welt, in der es ein festes Hausfrauengehalt und eine gesicherte Rente gäbe, in der Hausfrauen als wahre Heldinnen gefeiert statt als brave, aber einfältige Muttis belächelt würden.

Konkrete politische Ziele aber stehen hier nur in zweiter Reihe. Was feststeht, ist, daß die meisten Hausfrauen erst mit ihrer Rolle unzufrieden wurden, seit ihnen suggeriert wird, daß ihre Tätigkeit minderwertig und ein dümmliches Einfinden in einen hinterfragbaren Zwang sei. Freilich gibt Kroetz Relin als Vorzeige-Rollenbild so etwas wie den Schwerverdiener als Gewerkschaftsboß: Ihre zahlreichen Fernsehauftritte, ihre zänkischen Kolumnen in der Münchner Abendzeitung und ihr Tun im Dienste der Revolution nehmen einen breiten Platz in ihrem Alltagsgeschäft ein und sorgen für überdurchschnittliche hausfrauliche Abwechslung. Auch kann vermutlich nur eine geringe Anzahl ihrer Mitschwestern einen doppelten Wohnsitz mit ähnlicher Lokalisierung wie Kroetz Relins "Chiemgau und Teneriffa" angeben. Zuletzt fordert aber auch eine Karriere als Hausfrau bisweilen ihren Preis: Von ihrem Mann und Vater ihrer Kinder hat sich die Hausfrauenbewegte jüngst getrennt.


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