© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 49/05 02. Dezember 2005

Süßer die Kasse nie klingelt
Geldgier kommt vor Anstand: Ex-Kanzler Schröder hat bei dem Schweizer Medienkonzern Ringier als Lobbyist angeheuert
Detlef Kühn

Noch vor wenigen Wochen hat Gerhard Schröder öffentlich mit seinen Fähigkeiten als Rechtsanwalt kokettiert. Warum nicht. Von irgend etwas muß ja auch ein ehemaliger Bundeskanzler leben, der gerade den Spaß an der Politik verloren und sein Bundestagsmandat niedergelegt hat.

Zwar erhält er noch beachtliche Übergangsgelder, aber wenn er in seinen angestammten Beruf zurückkehren kann, schadet das sicher nicht. Die Vorstellung, daß Schröder Ehescheidungen übernimmt oder gar mit seinem bekannten sozialen Engagement Prozesse vor den Sozialgerichten führt, hatte schon ihren Reiz.

Nun kommt es doch ganz anders. Ab Januar wird der Altkanzler als Lobbyist für den Schweizer Medienkonzern Ringier tätig. Ringier ist in Osteuropa, China, Vietnam engagiert. Da wird Schröder, erwartet der Konzernchef, "ganz bestimmt auch die eine oder andere Tür öffnen können". Bestimmt. Zu etwas müssen die über die Jahre von Schröder gepflegten Männerfreundschaften und sonstigen Kontakte ja noch nützlich sein. Strafbar ist dieser Job auch nicht, also ist wohl alles in Ordnung.

Vielleicht doch nicht. Wer wie Schröder jahrelang den Staatsmann herausgekehrt hat, darf sich nicht übergangslos als Türöffner verdingen und seine im Dienst für Deutschland erworbenen Kenntnisse mir nichts dir nichts einem - noch dazu ausländischen - Privatunternehmer verkaufen. Das gehört sich einfach nicht. Zumindest eine Schamfrist hatte man erwarten können. Aber dann wäre natürlich der zu erzielende Preis gefallen, weil Kontakte der hier gefragten Art schnell erkalten.

In der Privatwirtschaft werden bei Managern derartige Probleme durch vertraglich vereinbarte Konkurrenzklauseln gelöst. Man sollte etwas ähnliches auch für ausscheidende Minister und Kanzler einführen. Sonst siegt weiterhin Geldgier über Anstand.


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