© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 49/05 02. Dezember 2005

Frisch gepresst

Bildungsbürger. Helga Grebing, geboren 1930, entstammt einer Arbeiterfamilie aus Berlin-Pankow. Nach jugendlichem BDM-Engagement begann sie ihr Studium 1947 bei Ernst Niekisch und bei dem aus der Emigration heimgekehrten Kommunisten Alfred Meusel. Als Politikwissenschaftlerin und Sozialhistorikerin machte die langjährige Referentin in der Hessischen Landeszentrale für politische Bildung erst nach 1968 Karriere, durchaus parteipolitisch engagiert und als Sozialdemokratin prädestiniert, die Herausgabe der Werke Willy Brandts zu übernehmen. Mit Blick auf eine solche Biographie scheint sich Grebing nun geradezu auf einen anderen Planeten begeben zu haben. Sie handelt vom Ehepaar Wilhelm und Marta Worringer, er Kunsthistoriker in Bonn, Königsberg und Halle, sie Malerin und Mutter dreier extravaganter Töchter. Der aus einem arg gerupften Nachlaß mühsam rekonstruierte Lebensweg und Lebensstil dieses Ehepaars soll uns exemplarisch, aber nicht schematisch den deutschen "Bildungsbürger" vergegenwärtigen. Das geschieht in einer dichten Nacherzählung der Lebenszeugnisse, die Grebing durch Funde in zahlreichen Archiven, auch in der legendären Sammlung Walter Kempowskis, ergänzen konnte. Das Werk ist vom Verlag großzügig ausgestattet und mit ungewöhnlichem Einband versehen worden - "ästhetisch überzeugend", wie Grebing dem dafür zu dankenden Grafiker Gaston Isoz bescheinigt (Die Worringers. Bildungsbürgerlichkeit als Lebenssinn - Wilhelm Worringer und Marta Worringer, 1881-1965, Parthas Verlag, Berlin 2005, 317 Seiten, Abbildungen, 38 Euro).

 

Helmut Schmidt. Altkanzler wollte Gerhard Schröder sich anfangs ungern nennen lassen, glaubt man dem Boulevard. Vielleicht war es auch die Hochachtung vor seinem Genossen Helmut Schmidt, dem eigentlichen Altkanzler. Über diesen hat nun das Spiegel-Archiv sein gesättigtes Bildarchiv durchstöbert und aus den 15.000 Fotografien einen imposanten Bildband herausgegeben, der die Biographie des Hamburgers nachzeichnet. Dabei werden sowohl eindrucksvolle Momente seines politischen Lebens wie auch unbekannte Bilder präsentiert, wie zum Beispiel jenes mit seinem 1944 früh verstorbenen Sohn Helmut Walter (Stefan Aust, Robert Fleck, Hrsg.: Helmut Schmidt. Ein Leben in Bildern des Spiegels. Deutsche Verlags-Anstalt, München 2005, 207 Seiten, gebunden, Abbildungen, 29,90 Euro).


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