© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 02/06 06. Januar 2006

Schwere Geburt
von Ellen Kositza

Der aktuelle Familienreport der Konrad-Adenauer-Stiftung liest sich als bedrückendes Trauerspiel. Daten, die oft als regelmäßige, aber vereinzelte Kurzmeldungen im politischen Alltagsgeschäft untergehen, werden hier als fette Rechnung präsentiert. Ob Scheidungszahlen, Geburtenrückgang oder gesellschaftliche Vereinzelung - es bleibt wenig Grund zu einem zuversichtlichen Blick ins neue Jahr.

Eines gilt auch hier: Die sprichwörtliche Sau wird auch beim wiederholten Wiegen nicht fetter. Was der Report unter dem in manchen Ohren vielleicht schick klingenden Etikett von "Best-Practice-Modellen" als Verbesserungen der familienpolitischen Lage aufzeichnet, tangiert das Kernproblem nicht wirklich: die demographische Krise nämlich, die tatsächlich und in absehbarer Zeit auf eine Bevölkerungsimplosion hinausläuft.

Die Situation ist drastischer, als sie durch Zahlen und Quoten dargestellt werden kann. Selbst die an sich schon eklatant niedrige Geburtenzahl von 1,3 Kindern pro Frau zeigt nicht in aller gebotenen Deutlichkeit, daß ein Großteil der jungen Erwachsenen keinerlei Kontakt zu Kindern hat, sprich komplett kinderentwöhnt ist. Weder staatlich finanzierte Mehrgenerationenhäuser noch ermäßigte Kinokarten für Eltern werden das vollbringen, was nottäte: einen tiefgehenden Mentalitätswechsel, der Anstrengung und Verzicht mit sich brächte. Wer oder was eine solche Trendwende quer zum aktuellen Zeitgeist anregen soll, bleibt unsicher. Dies wird eine schwere Geburt - mit ungewissem Ausgang.


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