© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 05/06 27. Januar 2006

Frisch gepresst

Ostpreußen. Das Positive vorweg: Andreas Kossert, tätig am Deutschen Historischen Institut (DHI) in Warschau, hat den Versuch einer Gesamtdarstellung der Geschichte Ostpreußens von der Ordenszeit bis heute gewagt, und der Verlag hat sich wirklich alle Mühe gegeben, aus dem Text mittels Karten, Stichen, Faksimiles und selten reproduzierter Fotografien ein regionalhistorisches Gesamtkunstwerk zu kreieren (Ostpreußen. Geschichte und Mythos, Siedler Verlag, München 2005, 448 Seiten, Abbildungen, 24,90 Euro). Schon um dieser Ausstattung willen, kommt kein Liebhaber Ostpreußens an Kosserts Landesgeschichte vorbei. Weniger Freude macht indes der Inhalt. Wie in seinem Masuren-Buch (JF 27/02), reitet Kossert nämlich wieder sein Steckenpferd und preist Ostpreußen als multikulturelles Musterländle. Methodisch und darstellungstechnisch mag ein solcher roter, oder besser "bunter" Faden seine Vorzüge haben, aber, wie man zuletzt an Jürgen Mantheys "kosmopolitisch" getrimmter Geschichte Königsbergs ablesen konnte (JF 28/05), die Komplexität vergangener Wirklichkeit bleibt auf der Strecke. Besonders die, immerhin zwei Drittel des Umfangs ausmachende ostpreußische Geschichte des 19. und 20. Jahrhunderts, wo Kossert, nach flüchtigen Kapiteln über Mittelalter und Frühe Neuzeit, seine Kompetenz als Neu- und Zeithistoriker hätte ausspielen können, wird mit der Exponierung der "multiethnischen Welt" der Provinz eher holzschnittartig verdunkelt. Die bei Kossert schon vertraute, im Warschauer DHI das Betriebsklima bestimmende Verniedlichung des polnischen und litauischen Chauvinismus ist natürlich auch kein Beitrag zur historischen Wahrheitsfindung.

Kurpfalz. Im Jahr 1803 wurde die Kurpfalz von Napoleon aufgelöst, die seit dem Mittelalter eine gewichtige Rolle auf dem Reichstag einnahm. Wie der Name andeutet, bestand die größte Bedeutung jedoch darin, den deutschen Kaiser küren zu dürfen. Trotz der Raffung der tausendjährigen Geschichte versteht es der Heidelberger Historiker Armin Kohnle in seiner flott erzählten historischen Betrachtung, nur wenig von der Gewissenhaftigkeit einzubüßen, die man etwa im zweibändigen Kohlhammer-Opus von Meinrad Schaab (Geschichte der Kurpfalz, 2005) erwarten würde. Durch die Bedeutung für das ganze Reich dürfte die "Kleine Geschichte der Kurpfalz" (G. Braun Buchverlag, Karlsruhe 2005, 205 Seiten, gebunden, 14,90 Euro) auch außerhalb des engen regionalhisto-rischen Terrains von Interesse sein.


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