© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 06/06 03. Februar 2006

Reisebeschränkung
Gesetz: Behörden nehmen Horst Mahler den Reisepaß ab / Rechtliche Grundlagen
Eike Erdel

Die Paßbehörde von Kleinmachnow hat vergangene Woche dem ehemaligen NPD-Anwalt Horst Mahler auf Anweisung des Brandenburgischen Innenministeriums den Reisepaß entzogen. Er darf nun für ein halbes Jahr die Grenzen der Mitgliedstaaten des Schengener Abkommens nicht mehr verlassen. Damit soll verhindert werden, daß er an einem internationalen Treffen zum Thema Holocaust im Iran teilnimmt. Zur Begründung heißt es, die Teilnahme Mahlers an einer solchen Konferenz würde zu einer erheblichen Beeinträchtigung der Belange der Bundesrepublik führen und dem Ansehen Deutschlands schaden. Dem bekannten Holocaust-Leugner Mahler wurde 2003 der Paß schon einmal entzogen, um seine Reise nach Auschwitz zu unterbinden.

Die Ausreise aus dem Staatsgebiet kann in vielen Ländern mittels der Paßversagung oder -entziehung aus Gründen der Staatssicherheit beschränkt werden. Eine solche Paßentziehung ist in Deutschland nach dem Paßgesetz unter anderem dann möglich, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme begründen, daß der Paßinhaber die innere oder äußere Sicherheit oder sonstige erhebliche Belange der Bundesrepublik gefährdet. Von der Paßentziehung ist abzusehen, wenn sie unverhältnismäßig ist, insbesondere wenn es genügt, den Geltungsbereich des Passes zu beschränken. Diese Vorschriften gelten in Deutschland sinngemäß seit dem Ersten Weltkrieg und wurden 1952 im wesentlichen übernommen.

Bereits 1957 hatte das Bundesverfassungsgericht in seiner "Elfes-Entscheidung" die Verfassungsmäßigkeit der Vorschriften bejaht. Da Artikel 11 des Grundgesetz nur die Reisefreiheit im Bundesgebiet garantiere, soll nach Auffassung der Richter die freie Ausreise aus dem Bundesgebiet nur im Rahmen der in Artikel 2 garantierten allgemeinen Handlungsfreiheit gewährleistet werden. Eingriffe in die allgemeine Handlungsfreiheit sind aber jederzeit durch ein Gesetz möglich.

Interessant ist vor allem der der "Elfes-Entscheidung" zugrunde liegende Sachverhalt. Wilhelm Elfes gehörte bis 1933 dem Vorstand der Zentrumspartei an. 1945 wurde er zum Oberbürgermeister der Stadt Mönchengladbach gewählt und zog zwei Jahre später für die CDU in den Landtag von Nordrhein-Westfalen ein. Elfes wurde 1951 aus der CDU ausgeschlossen und betätigte sich dann führend im "Bund der Deutschen", der unter dem ehemaligen Reichskanzler Josef Wirth die Politik des Bundeskanzlers Konrad Adenauer bekämpfte. Elfes selbst hatte mehrfach im In- und Ausland seine kritische Meinung zur Politik der Bundesregierung, insbesondere zur Wehrpolitik und zur Frage der Wiedervereinigung auf Veranstaltungen öffentlich geäußert. Als er im Jahre 1953 die Verlängerung seines Reisepasses beantragte, wurde ihm dies ohne nähere Begründung verweigert.

Elfes klagte erfolglos gegen die Ablehnung vor den Verwaltungsgerichten und unterlag auch vor dem Bundesverwaltungsgericht. Dieses hat die Ablehnung des Antrages mit der von Elfes beabsichtigten Teilnahme am Kongreß der Völker für den Frieden in Wien und der dort vorgesehenen Verlesung einer "Gesamtdeutschen Erklärung" begründet. Eine Verfassungsbeschwerde Elfes' wies das Bundesverfassungsgericht zurück.

Die Entscheidung des Verfassungsgerichts wird bis heute von einigen Rechtswissenschaftlern gerügt. Gerade der Fall "Elfes" hat gezeigt, daß die Berufung auf die Gefährdung sonstiger erheblicher Belange leicht mißbraucht werden kann. Denn erhebliche Belange der Bundesrepublik sind nach der Rechtsprechung bereits durch Handlungen gefährdet, die geeignet sind, dem Ansehen Deutschlands zu schaden. Hier haben die zuständigen Behörden einen weiten Ermessenspielraum, und diese Gefahr sehen sie konkret, wenn Mahler im Ausland den Holocaust leugnet.


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