© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 06/06 03. Februar 2006

Ein Urgestein im Fadenkreuz
München: Seit fast fünf Jahren wehrt sich die Burschenschaft Danubia gegen ihre Erwähnung im Verfassungsschutzbericht
Georg Pfeiffer

Ein zivilgesellschaftliches und freiheitlich-demokratisches Urgestein, die in den Wirren des Revolutionsjahres 1848 gegründete Münchner Burschenschaft Danubia, befindet sich seit fünf Jahren im Fadenkreuz des bayerischen Innenministeriums und seiner Verfassungsschutzbehörde. Angefangen hatte alles im Jahr 2001 mit einer Wirtshausschlägerei, bei der ein Deutscher mit einem Griechen aneinandergeraten waren. Auch einige Türken waren beteiligt. Der Grieche wurde schwer verletzt. Der Deutsche, selbst kein Mitglied der Danubia, verbrachte nach der Schlägerei einige Stunden auf dem Haus der Burschenschaft. Diese Mischung aus Burschenschaft, Ausländern und Körperverletzung ließ einige Berichterstatter und selbst sonst nüchterne Beamte über das Ziel hinausschießen.

"Burschenschaft versteckt Rechtsextremisten", titelte zum Beispiel die Frankfurter Neue Presse. Die Polizei durchsuchte das Haus der Danuben, die Staatsanwaltschaft nahm Ermittlungen auf. Nichts ist dabei herausgekommen. Kein Danube war an der Schlägerei beteiligt. Der Beschuldigte war nachts um drei aufgetaucht und hatte um sieben das Haus wieder verlassen. Es stellte sich heraus, daß er von dort direkt zur Polizei ging, die ihn allerdings nicht festnahm, sondern laufenließ. Weiter erwies sich, daß gegen den verletzten Griechen drei Verfahren wegen Körperverletzung anhängig und auch die Türken der Polizei nicht unbekannt waren.

Die Danubia erwirkte eine Gegendarstellung. Alle Verfahren gegen Mitglieder der Burschenschaft wurden ergebnislos eingestellt. Kein Gran ist von den üblen Anschuldigungen geblieben. Doch nach dem Motto: Irgend etwas wird schon hängenbleiben, wirkt der Fall nach. 2001 wird die Danubia in den Berichten des bayerischen Verfassungsschutzes erstmals als rechtsextreme Organisation geführt. Begründet wird dies mit dem Vorwurf, sie habe wiederholt Rechtsextremisten ein Podium für verfassungsfeindliche Auftritte geboten. Gemeint sind die "Bogenhausener Gespräche", zu denen die Burschenschaft regelmäßig auf ihr Haus einlädt. Dort kommen gelegentlich schillernde Gestalten mit eigenwilligen politischen Standpunkten zu Wort und erlauben den Zuhörern, sich selbst ein Bild von Person und Lehre zu machen - auch von solchen, die als rechts- oder linksextremistisch gelten. Wo liegt das Verbrechen?

Nicht eine Handlung, nicht einmal eine Äußerung, allein das Anhören qualifiziert nach Ansicht des Innenministers zum Rechtsextremisten, als sei das eine unheilbare Krankheit, die durch Schall übertragen wird, ansteckender als Ebola und gefährlicher als die Beulenpest. In dieser Einschätzung artikuliert sich ein gänzlich unaufklärerisches und illiberales Mißtrauen gegen die Macht des Geistes und die Fähigkeit der Studenten, sich mit der Welt und ihren Interpretationen auseinanderzusetzen.

Die Altherrenschaft bat in Sorge um ihre Aktivitas den emeritierten Politikprofessor Hans-Hellmuth Knütter, die Vorwürfe des Innenministers zu prüfen und zu sehen, was daran sei. In einem Gutachten ging er dem Verdacht des Rechtsextremisums und der Verfassungsfeindlichkeit nach. "Es wurde nichts gefunden, was auf eine 'aktiv-kämpferische' Haltung gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung hinweist. Es wurde nichts gefunden, was gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung ... spricht", schreibt Knütter. Das Gutachten stellte die Danubia dem Verfassungsschutz zu. Die Reaktion? Knütter wurde im Jahre 2002 ebenfalls in den Bericht aufgenommen. Doch letztlich sehen die Danuben das gelassen. Sie dokumentieren die "Beckstein-Affäre" auf ihrer Internetseite, führen die "Bogenhausener Gespräche" fort und sind fest entschlossen, sich die Auswahl der Referenten nicht diktieren zu lassen.

Seit der Affäre um die königliche Mätresse Lola Montez, die 1848 den Anlaß für die Gründung der Burschenschaft gab, hat sich die Staatsregierung mehrfach an dem selbstbewußten Auftreten der Danuben gerieben. Am Ende ist sie immer wieder auf den Pfad der Tugend zurückgekehrt.

Die Burschenschaft im Internet: www.danubia-muenchen.de 

Foto: Danuben-Haus in München: Unliebsame Vortragsreihe


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