© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 07/06 10. Februar 2006

Meldungen

Kirche distanziert sich von Pröpstin Begrich

ERFURT. Die evangelischen Kirchen in Mitteldeutschland haben pro-sozialistische Äußerungen der Erfurter Pröpstin Elfriede Begrich bedauert. Durch ihren Auftritt beim Neujahrsempfang der Linkspartei/PDS am 12. Januar im Erfurter Augustinerkloster sei der Eindruck entstanden, die Kirchen hätten die Opfer kommunistischer Regimes vergessen, heißt es in einer Erklärung der Föderation Evangelischer Kirchen in Mitteldeutschland, der die Kirchenprovinz Sachsen und die Thüringer Landeskirche angehören. Die Pröpstin hatte bei dem Empfang von Gemeinsamkeiten zwischen Christen und Kommunisten gesprochen (JF 4/06). Außerdem hatte sie ein Wort des religiösen Sozialdemokraten und Kultusministers Adolf Grimme (1889-1963) zitiert, wonach ein Sozialist Christ sein könne und ein Christ Sozialist sein müsse. Ihre Äußerungen führten zu einer heftigen Kontroverse mit der CDU im Thüringer Landtag.

 

Historiker Paul Nolte schlägt "Moralsteuer" vor

BERLIN. Wer aus der Kirche austritt, sollte statt der Kirchensteuer eine Sozial- oder Moralsteuer zahlen. Diesen Vorschlag machte der Berliner Historiker Paul Nolte in einer Rede zur Religionspolitik am 2. Februar an der Berliner Humboldt-Universität. Man müsse fragen, so Nolte, ob es angesichts des Beitrags der Kirchen für die Gesellschaft gerecht sei, wenn nur Kirchenmitglieder dafür einen Obolus entrichteten, da doch alle Bürger von den Leistungen dieser Institutionen profitierten. Die Religionen böten einen "moralischen Mehrwert" für eine säkulare Gesellschaft, den diese selber nicht produzieren könne. Der 42jährige Historiker setzte sich auch mit der Rückkehr der Religion in die Gesellschaft auseinander. Die allmähliche Desäkularisierung führe zu einer postsäkularen Gesellschaft, in der die Religion eine wichtige Ressource sein könne.

 

Herta Müller wird mit Würth-Preis geehrt

KÜNZELSAU. Die in Berlin lebende rumäniendeutsche Schriftstellerin Herta Müller erhält den mit 25.000 Euro dotierten Würth-Preis für Europäische Literatur. Mit ihrer plastischen und fremdartigen Bildersprache bewege sie sich in zwei Sprachen und Vorstellungswelten, begründete die Jury die Entscheidung. Müller schreibe mit "scherenscharfer" Prosa, mal lakonisch-knapp, mal lyrisch-surreal seit über 20 Jahren an einer fortlaufenden Chronik des Grauens und der Gewalt. Die 1953 in Nitzkydorf in Rumänien geborene Autorin arbeitete als Übersetzerin und Deutschlehrerin. Nachdem sie sich geweigert hatte, mit der Geheimpolizei Securitate zusammenzuarbeiten, durften ihre Texte in Rumänien nicht mehr erscheinen. Seit 1987 lebt Herta Müller in Deutschland. Die Verleihung findet am 23. Februar in Stuttgart statt.

 

Neues Tagebuch von Walter Kempowski

MÜNCHEN. Unter dem Titel "Hamit" erscheint am 20. Februar Walter Kempowskis Tagebuch des Jahres 1990. Diesen Termin nannte am Dienstag eine Sprecherin des Albrecht Knaus Verlags in München auf Anfrage der JF. Bereits seit vergangenem Samstag wird das Tagebuch in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vorabgedruckt. Mit "Hamit" - ein aus dem Erzgebirge stammendes Wort für Heimat - knüpft der aus Rostock stammende, heute 76jährige Großschriftsteller ("Tadellöser & Wolff", "Echolot"-Collagen) an sein Tagebuch 1989 an, das 2001 unter dem Titel "Alkor" erschienen ist (JF 8/02).


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