© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 07/06 10. Februar 2006

Traumfabrik-Kanal:
Das Vierte zeigt Politsatire
Christoph Martinkat

Hollywood ist weder Traumfabrik noch Monster, es ist lediglich das Synonym für eine Filmindustrie mit weltweitem Einfluß, die neben seichtem Kulturschrott zur Ausbreitung amerikanischer Lebensart eine Anzahl überdurchschnittlicher Filme produziert. Leider laufen nur wenige davon in europäischen Kinos oder TV-Sendern. So gesehen wäre es ungehörig, vom neuen Hollywood-Spielfilm-Kanal "Das Vierte" virtuelle Wun-derwelten zu erwarten. Etwas mehr, als der sinnfreie Werbespruch "Wir sind Hollywood" des Kabelsenders vermuten läßt, darf es allerdings doch sein, und bei Filmen wie "Walker" (11. Februar, 23.05 Uhr, Das Vierte) ist das auch tatsächlich der Fall.

Wir sind Deutschland - oder doch Hollywood ?

Es geht darin um den historisch verbürgten Lebenslauf des amerikanischen Abenteurers William Walker (Ed Harris), der mit Hilfe eines Industriellen einen Trupp von Freischärlern aufbaut, um im Jahre 1855 das sich im Bürgerkrieg befindende Nikaragua zu besetzen. Die blutige Invasion gelingt, und Walker erklärt sich zum neuen Staatspräsidenten. Doch diese politische Glückssträhne hält nicht lange an. "Walker" ist eine zwischen grotesk-absurden und burlesk-operettenhaften Elementen angesiedelte Politsatire, die mit anachronistischem Humor die geschichtlichen Parallelen zwischen der einstigen und heutigen Nika-ragua-Politik der USA aufdeckt und anprangert. Zumindest mit dieser Auswahl hat "Das Vierte" bewiesen, daß es - entgegen dem eigenen Werbespruch - nicht nur Hollywood ist, sondern mit kritischer Distanz aus Hollywoodstreifen auszuwählen vermag. Foto: NBC Universal


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