© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 08/06 17. Februar 2006

Jusos planen den Gegenschlag
SPD: Nachwuchsorganisation fordert weiter Parteiausschluß von Burschenschaftern / "Arbeitskreis Sozialdemokratischer Korporierter" geplant
Peter Freitag

Die Jungsozialisten in der SPD (Jusos) wollen sich offensichtlich nicht mit dem Scheitern des von ihnen initiierten Unvereinbarkeitsbeschlusses zur Mitgliedschaft in Burschenschaften abgeben (JF 4/06).

Der Bundesvorstand der SPD hatte am 16. Januar auf einen "förmlichen Unvereinbarkeitsbeschluß" mit der Begründung verzichtet, daß "dies keine Prüfung des jeweiligen Einzelfalls ermöglicht hätte".

Der von Jusos und Juso-Hochschulgruppen eingebrachte Antrag, den der SPD-Bundesparteitag am 16. November in Karlsruhe mit einem positiven Votum zur Prüfung und Umsetzung an den Parteivorstand verwiesen hatte, sah vor, die Mitgliedschaft in Mitgliedsverbänden der Deutschen Burschenschaft generell für unvereinbar mit der Mitgliedschaft in der SPD zu erklären.

Außerdem sollte diese Abgrenzung auch auf andere Korporationsverbände ausgedehnt werden, die beispielsweise ebenfalls keine Frauen aufnehmen, wie Corps, Landsmannschaften oder katholische Verbindungen. Demgegenüber erklärte der SPD-Vorstand ausdrücklich: "Andere Studentenverbindungen bzw. ihre Dachverbände sind von diesem Beschluß nicht betroffen."

Bereits unmittelbar danach kritisierte der Juso-Bundesvorsitzende Björn Böhning die vom ursprünglichen Antrag abweichende Einzelfallprüfung als "eine belanglose Gewissensberuhigung" und nannte es eine "Sauerei", daß sich der Vorstand mehrheitlich über das Parteitagsvotum hinweggesetzt habe. Nach Böhnings Meinung scheue die SPD "die konsequente Auseinandersetzung mit rechtsideologischen Organisationen". Mit der Einzelfallentscheidung werde das Problem auf die unteren Parteiebenen abgeschoben, die jedoch "faktisch kaum hinreichend rechtliche Möglichkeiten haben, einzelne Mitglieder rechtsextremer Burschenschaften wirklich auszuschließen".

Widerspruch in Reihen der Partei

Der Juso-Chef sieht außerdem bei den Genossen vom Vorstand "puren Lobbyismus im Eigeninteresse" am Werk: So seien einige SPD-Vorstände offensichtlich durch "persönliche Beziehungen zu einzelnen Burschenschaftlern" bewogen worden, gegen die generelle Unvereinbarkeit zu stimmen, was laut Böhning im Widerspruch zur "historisch begründeten, antifaschistisch-sozialdemokratischen Politik" stehe.

Da nach Ansicht von Jusos und Juso-Hochschulgruppen jedoch kein Zweifel daran besteht, daß "die Mitgliedsverbände der 'Deutschen Burschenschaften' als rechtsextrem, antisemitisch und revanchistisch einzustufen sind", haben beide Gruppierungen einen Antrag in den Parteirat eingebracht, daß sich der SPD-Parteivorstand "erneut mit der Prüfung eines Unvereinbarkeitsbeschlusses mit studentischen Burschenschaften beschäftigen wird". Diesem Antrag wurde Ende Januar stattgegeben, so daß die Diskussion darüber noch weitergehen wird.

Unterdessen regt sich auch Widerspruch gegen diesen Kurs der Jusos in den Reihen der SPD. In einem Internet-Forum der Partei-Zeitung Vorwärts finden sich mehrere Beiträge, in denen Böhning Pauschalisierung und Diffamierung vorgeworfen werden. Einige SPD-Mitglieder, die auch Angehörige einer Studentenverbindung sind, weisen in dem Forum auf die demokratischen Grundsätze der Burschenschaften hin und betonen die politische Vielfalt innerhalb der Deutschen Burschenschaft, die sowohl "rechte" als auch "liberale" Bünde umfasse.

In dem Versuch der Jusos, einen generellen Unvereinbarkeitsbeschluß durchzusetzen, sehen die SPD-internen Kritiker eher einen Ausweis der "Intoleranz" und ein fehlgeleitetes "Demokratieverständnis". Außerdem werfen sie Böhning und seinen Mitstreitern vor, ihre pauschalen "Rassismus"-Vorwürfe nicht eingehend und "gerichtsfest" zu belegen. Statt dessen berufe sich die Führung der Jusos auf Quellen, die eindeutig aus dem linksradikalen Milieu stammen.

Um ein Gegengewicht zu bilden, soll auf Initiative eines Sozialdemokraten, der Mitglied der Bonner Burschenschaft Marchia ist, ein "Arbeitskreis Sozialdemokratischer Korporierter (AKSK)" gegründet werden.

Juso-Chef Björn Böhning: Wortführer der Anti-Verbindungsfront Foto: Picture-Alliance / DPA


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