© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 10/06 03. März 2006

Tragödie der Vertreibung
Studienbuchreihe komplett
Johannes Schmidt

Ein Höhepunkt im Jahresprogramm des "Hauses des Deutschen Ostens" am Lilienberg in München war am 17. Februar die Präsentation der nunmehr abgeschlossenen Studienbuchreihe "Vertreibungsgebiete und vertriebene Deutsche" der Stiftung Ostdeutscher Kulturrat. Die zwölf Bände umfassende Dokumentation, herausgegeben von dem emeritierten Soziologieprofessor Wilfried Schlau (Universität Mainz), wurde vorgestellt von der Bayerischen Sozialministerin Christa Stewens, dem Präsidenten des Ostdeutschen Kulturrates, Eberhard G. Schulz, und dem Verleger Herbert Fleissner (Langen Müller Herbig). Überrascht zeigten sich die Veranstalter vom starken Interesse der Medien. Schulz : "So viele Journalisten auf einem Haufen habe ich noch nicht gesehen."

Sehr beeindruckt von der in einem Zeitraum von über einem Jahrzehnt geschaffenen Dokumentation über alle Vertreibungsgebiete zeigte sich die im Bayerischen Kabinett für Vertriebenenfragen zuständige Christa Stewens. Sie betonte mit Blick auf die Tragödie der Vertreibung und Entwurzelung von rund 16 Millionen Deutschen, hier habe es sich um "Verbrechen gegen die Menschlichkeit" gehandelt - dies unabhängig von "historischen Kausalitäten". Gegen solche schwerwiegenden Akte der Menschenrechtsverletzung müßten sich alle demokratischen Gesellschaften wenden. Mit der Studienbuchreihe und ihren umfassenden und detaillierten Darstellungen werde "vorbildliche Dokumentationsarbeit" geleistet. Alle deutschen Vertriebenengruppen wurden erfaßt. Von der Bayerischen Staatsregierung werde das Schicksal der Vertriebenen von jeher gewürdigt, unter anderem mit dem Denkmal "Flucht und Vertreibung" an zentraler Stelle in Nürnberg und mit der Erinnerungstafel in der Staatskanzlei. Bayern stehe auch mit Nachdruck hinter der Forderung nach einem Zentrum gegen Vertreibungen in Berlin. Die Sozialministerin dankte dem Kulturratspräsidenten Schulz und dem Verleger der Studienbuchreihe, Fleissner, für deren verdienstreiches Engagement.

Frau Stewens lobte die vielseitige Arbeit des "Hauses des Deutschen Ostens", das vor 35 Jahren vom Freistaat Bayern geschaffen wurde. Hier werde verstärkt Kontakt zu den deutschen Volksgruppen und den Partnern im Osten gepflegt. Dem Direktor Ortfried Kotzian, der zu den Autoren der Studienbuchreihe gehört, bescheinigte die Ministerin, er stehe für die Kompetenz und positive Wirkung des Hauses mit seinem vielseitigen Veranstaltungsprogramm und der größten Spezialbibliothek des deutschen und europäischen Ostens mit ihren 70.000 Bänden. Das "Haus des Deutschen Ostens" wirke als aktiver Ideen- und Impulsgeber für Landsmannschaften und Verbände, Heimatgruppen und Jugendorganisationen, mit Lehrerfortbildungen und Kontakten zur Wissenschaft.

Der Verleger Herbert Fleissner wandte sich gegen die Verfälschung des Begriffes "Ostdeutschland" für in Wirklichkeit mitteldeutsche Landschaften. Ostdeutsch seien Ostpreußen, Pommern, Schlesien, die Provinzen, deren Geschichte nicht zubetoniert werden dürfe. Zitiert wurde der jüdische Verleger Victor Gollancz mit seinem Protest gegen die Deutschen-Vertreibungen: "Sofern das Gewissen der Menschheit jemals wieder empfindlich werden sollte, werden diese Vertreibungen als die unsterbliche Schande aller derer im Gedächtnis bleiben, die sie veranlaßt oder sich damit abgefunden haben..."

 Alle zwölf Bände der Studienbuchreihe sind bei Langen Müller Herbig, München, erschienen und auch einzeln erhältlich.

Weitere Informationen bei der Stiftung Ostdeutscher Kulturrat, Kaiserstr. 13, 53113 Bonn, Tel. 0228 / 21 37 66


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