© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 11/06 10. März 2006

PRO&CONTRA
Soll der Staat Kombilohn-Modelle finanzieren?
Joachim Weimann / Thorsten Boiger

Die unangenehmste Frage ist immer die nach den Alternativen. Was geschieht auf dem deutschen Arbeitsmarkt, wenn sich der Staat nicht an den Arbeitskosten gering qualifizierter Menschen beteiligt? Dann bleiben diese Kosten so hoch, wie sie jetzt sind, und dann bleibt es dabei, daß einfache Arbeit in Deutschland mehr kostet, als sie an Wertschöpfung leisten kann. Die Konsequenz daraus ist, daß diese einfache Arbeit nicht nachgefragt wird und die Anbieter dieser Arbeit arbeitslos bleiben. Bleibt die Frage zu klären, warum die Arbeitskosten so hoch sind, daß einfache Arbeit in Deutschland nur noch äußerst sparsam bei der Produktion von Waren und Dienstleistungen eingesetzt wird.

Wie immer gibt es mehrere Gründe. Einer ist die Politik der Lohnkompression, die die Gewerkschaften über lange Zeit verfolgt haben: Die untersten Einkommensgruppen wurden in den Tarifverhandlungen besonders bedacht und überdurchschnittlich angehoben. Die sogenannten "Leichtlohngruppen" früherer Tage sind verschwunden - leider mit ihnen auch die Jobs. Ein zweiter Grund ist, daß wir unseren Sozialstaat so organisieren, daß alle, die Arbeit haben, in die Sozialkassen einzahlen müssen - ganz gleich, wie produktiv sie sind. Vom ersten verdienten Euro an müssen über 42 Prozent Sozialabgaben erwirtschaftet werden. Das ist eine Last, die immer mehr Menschen nicht mehr bewältigen können. Wenn der Staat ihnen diese Last nicht wenigstens teilweise abnimmt, indem er sich an den Arbeitskosten beteiligt, werden wir damit leben müssen, daß einfache Arbeit bei uns keine Chance am Arbeitsmarkt hat und gering qualifizierte Menschen in Deutschland dauerhaft alimentiert werden müssen. Nur wer das in Kauf zu nehmen bereit ist, sollte sich gegen eine Kostenbeteiligung aussprechen. Alle anderen sollten sich auf die Diskussion von Kombilohnvorschlägen wie der "Magdeburger Alternative" einlassen.

 

Prof. Dr. Joachim Weimann lehrt VWL an der Otto-von-Guericke Uni-versität Magdeburg. Er ist Co-Autor der "Magdeburger Alternative".

 

 

Keine Frage: Das deutsche Lohnniveau ist - zumindest nominal - viel zu hoch, gerade im eigentlichen "Niedriglohn"-Sektor. Und unzweifelhaft ist auch, daß dies neben der überbordenden Bürokratie und Regulierung der Hauptgrund für die strukturelle Massenarbeitslosigkeit in Deutschland ist. Doch wer ist für diese Fakten verantwortlich?

Einerseits ist es direkt der deutsche Staat, der mit Steuern und vor allem Sozialabgaben künstlich zusätzliche Arbeitskosten erzeugt. Zum anderen ist es das zynisch als "Tarifautonomie" bezeichnete Kartell aus Gewerkschaftsfunktionären und politisierten Wirtschaftsvertretern, das sich regelmäßig durch Druck auf der einen und Verantwortungslosigkeit auf der anderen Seite auf Tarifabschlüsse einigt, die der einzelne Unternehmer bei klarem Verstand nicht mal in Erwägung ziehen würde. Dieser Angriff auf die Vertragsfreiheit wird vom Staat ermöglicht, und damit trägt er auch für diese Lohnzusatzkosten die Schuld. Die falscheste aller Antworten auf dieses von der Politik verursachte Problem wäre nun noch mehr Staat. Genau das aber bedeutet das Lohnsubventionsmodell des Kombilohns, das, wie jede Subvention, marktkonträre Anreize setzt: Für die Arbeitnehmer den, weiterhin ein totes Pferd zu reiten, statt sich besser zu qualifizieren, und für die Unternehmen, möglichst viele bestehende Beschäftigungsverhältnisse in Kombilohnmodelle zu verwandeln und die Kosten auf den Steuerzahler abzuwälzen. Denn der - das darf man nicht übersehen - zahlt am Ende die Rechnung für die staatlichen "Wohltaten", zuzüglich - und das ist der größte Denkfehler bei der "Magdeburger Alternative" - der Kosten der Umverteilungsbürokratie.

Dabei ist der richtige Weg so einfach wie offensichtlich: Steuern und Sozialabgaben konsequent und radikal senken und das Tarifkartell abschaffen! Den Rest erledigt der Markt.

 

Thorsten Boiger ist stellvertretender Chefredakteur der Monatszeitschrift eigentümlich frei und Koordinator der Libertären Plattform in der FDP für Nordbayern.


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