© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 12/06 17. März 2006

Frisch gepresst

Globale Analysen. Mit 500 Millionen Euro jährlich will Brüssel künftig EU-Bürger unterstützen, die wegen der fortschreitenden Globalisierung arbeitslos geworden sind. Ansonsten würde die öffentliche Unterstützung für weitere Liberalisierung und Marktöffnung untergraben. Passend dazu untersucht ein neues Buch von Bernd Hamm kritisch "Die soziale Struktur der Globalisierung" (Verlag Kai Homilius, Berlin 2006, 384 Seiten, gebunden, 19,90 Euro). Der Trierer Soziologieprofessor und seine fünf Mitarbeiter haben dazu zahlreiche Fakten zusammengetragen und gleichzeitig die Struktur moderner Gesellschaften auf ihre "globale Zukunftsfähigkeit" hin untersucht. Sie kommen dabei zu dem pessimistischen Schluß, daß die derzeitigen gesellschaftlichen Institutionen kaum geeignet seien, globale Probleme zu lösen und einen Wandel hin zu zukunftsfähiger Entwicklung einzuleiten. Da vom Staat wenig Hilfe zu erwarten sei, müsse man den Folgen der Globalisierung mit Eigeninitiative begegnen: durch regionale Wirtschaftskreisläufe, Ressourcenschonung und mehr "Selbstorganisation" - etwa in Genossenschaften. Besonders lesenswert sind die 26 Seiten über die bedenklichen Oligopolstrukturen im Medienbereich, die wegen der Fixierung auf Werbeeinnahmen "im Westen" ständig mit Sensationen "unsere Wirklichkeitsbilder" brutalisierten. Damit werde massiv zur Trivialisierung von Politik und damit zur Verdrossenheit beigetragen.

Michel Friedman. Für die bundesdeutschen Funktionseliten in Politik, Kultur und Medien war der "Mahner im Maßanzug" (Münchner Merkur) Michel Friedman lange Jahre der Streiter für alles Gute und Wahre, der personifizierte Zeigefinger des moralischen Gewissens schlechthin. Wann immer es "gegen Rechts" ging, für Multikulturalismus, "Menschenwürde", "Toleranz", "Verständigung", "Frieden", war der Fernsehmoderator, stellvertretende Vorsitzende des Zentralrats der Juden in Deutschland und CDU-Politiker ihr Mann. Den anderen, die seiner ständigen Präsenz in den Medien und der Dauerbeschallung kaum entfliehen konnten, ging er mit seiner selbstgerechten Attitüde einfach nur schwer auf die Nerven. Im Sommer 2003 folgte der tiefe Fall des Moralapostels vom Dienst. Drogenmißbrauch, Zwangsprostituierte, Halbwelt und organisiertes Verbrechen - am Ende der für ihn hochnotpeinlichen Affäre mußte Friedman einen milden Strafbefehl akzeptieren und war vorbestraft. Doch schon ein halbes Jahr später kehrte er auf die öffentliche Bühne zurück, gestützt von einem Netzwerk aus einflußreichen Kultur- und Medienschaffenden. Der junge Historiker Tobias Brendle ist jetzt diesen Lebensspuren Friedmans gefolgt. In seiner ebenso faktengesättigten wie meinungsfreudigen Studie zeichnet er akribisch Aufstieg und Absturz des schillernden Lebemanns nach und beleuchtet die Helfershelfer von Friedmans raschem Comeback (Tobias Brendle: Michel Friedman, Haim Saban und die deutsche Medienlandschaft. Lynx-Verlag, Gauting 2005, kart., 143 Seiten, 14 Euro).


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