© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 13/06 24. März 2006

"Gewaltiger Motivationsschub"
Republikaner: Der Bundesvorsitzende Rolf Schlierer über die Erfolgsaussichten seiner Partei, das Verhältnis zur NPD und die Große Koalition in Berlin
Marcus Schmidt

Herr Schlierer, die Republikaner warnen seit Jahren vor den Folgen der Einwanderung und den Gefahren durch den Islamismus. Nach dem Karikaturenstreit und den Unruhen in den französischen Vorstädten hat auch die deutsche Öffentlichkeit den "Kampf der Kulturen" als Thema entdeckt. Spüren die Republikaner vor den Landtagswahlen am kommenden Sonntag Rückenwind?

Schlierer: Die hektischen Profilierungsversuche der Unionsparteien mit verbalen Kraftmeiereien zur Ausländerpolitik sind dafür der beste Beweis. Wir haben diese Diskussion mit unserer Plakatkampagne "Islamisten raus!" weiter zugespitzt. Für unsere Wahlkämpfer bedeutet diese Bestätigung unserer Positionen natürlich einen gewaltigen Motivationsschub.

Ihr erklärtes Ziel ist der Wiedereinzug in den Landtag von Baden-Württemberg. Auch in Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt sind die Erwartungen hoch. In den Umfragen liegt die Parteien derzeit aber überall unter den magischen fünf Prozent. Wie schätzen Sie die Erfolgsaussichten der Republikaner ein?

Schlierer: Es hätte mich überrascht, wenn wir irgendwo über fünf Prozent gelegen hätten. 1996 haben die Demoskopen uns vier Prozent gegeben, am Wahltag waren es dann 9,1 Prozent. Die Tendenz bei den Umfragen zeigt einheitlich nach oben. Bei drei Prozent in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz ist, stellt man die übliche Fehlertoleranz, die bekannte Zurückhaltung von Rechtswählern bei Meinungsumfragen und die hohe Zahl Unentschlossener in Rechnung, noch alles drin. Um diese unentschiedenen Wähler kämpfen wir im Schlußspurt mit aller Kraft.

In den Wahlkämpfen spielt die Zukunft des Sozialstaates eine immer wichtigere Rolle. Droht den Republikanern auf diesem Gebiet in Gestalt der WASG künftig Konkurrenz durch eine linke Protestpartei?

Schlierer: Die WASG entzaubert sich zügig selbst; spätestens seit den Berliner Querelen ist die Mogelpackung offenkundig. Obwohl die WASG in der Berichterstattung, in Umfragen und bei Podiumsdiskussionen einseitig bevorzugt wird, zeigen ihre Werte nach unten. Die WASG spaltet vor allem das linke Lager, daher auch das Interesse von CDU-nahen Kreisen am Hochjubeln dieser diffusen Partei. Demgegenüber haben wir das überzeugendere Konzept: Wir sind die einzige oppositionelle Kraft, die die Antwort auf die brennenden sozialen Fragen in der Rückbindung an die Solidargemeinschaft des demokratischen Nationalstaats sucht und deshalb den Interessen des Staatsvolks oberste Priorität gibt.

Sie haben sich mehrfach eindeutig gegen eine Zusammenarbeit der Republikaner mit der NPD und der DVU ausgesprochen. Befürchten Sie, daß diese Diskussion nach den Landtagswahlen wieder aufflammen könnte?

Schlierer: Diese Pseudo-Diskussionen werden periodisch von außen in unsere Partei hineingetragen, mal von den Geheimdiensten, mal von deren parteipolitischer Dependance, der NPD. Nachhaltige Spuren haben diese Scheindebatten in den letzten fünfzehn Jahren nicht hinterlassen. Sämtliche Beschlüsse der Republikaner zur Nicht-Zusammenarbeit mit der NPD wurden - von Ruhstorf 1990 bis Veitshöchheim 2004 - mit überwältigenden Mehrheiten gefaßt, die keinen Interpretationsspielraum offenlassen: Zwischen Republikanern und NPD gibt es keine inhaltliche Gemeinsamkeit und keine Kooperation. Daran wird sich auch nach diesen Wahlen nichts ändern.

Wo sehen Sie die Unterschiede zwischen den Republikanern und der NPD beziehungsweise der DVU?

Schlierer: Wir haben nicht das Ghetto der Hardcore-Rechten im Auge, sondern die wachsende Zahl von der etablierten Politik enttäuschter Deutscher, die sich von den Altparteien nicht mehr vertreten fühlen. Wir wollen unsere Verfassung und Demokratie nicht "abwickeln", sondern wiederherstellen. Wir streben Veränderung über die Parlamente an und nicht auf der Straße. Und wir wollen nicht mit rückwärtsgewandter "Aufmarsch"-Folklore die ideologischen Schlachten der Vergangenheit noch einmal schlagen, sondern Antworten auf die sozialen und ökonomischen Herausforderungen unserer Zeit finden, mit denen unser Volk und unser Nationalstaat auch im Jahrhundert der Globalisierung noch bestehen können. Im übrigen: Warum sollten wir ausgerechnet nach diesem 26. März die Zusammenarbeit mit einer NPD suchen, die diese Landtagswahlen selbst zur "entscheidenden Wahlschlacht gegen die Republikaner" deklariert hat?

Angesichts der Großen Koalition ist es gerade für kleinere Parteien besonders schwer, auf sich aufmerksam zu machen. Wie schätzen Sie mittelfristig die Perspektiven der Republikaner ein?

Schlierer: Die Konsensseligkeit der Nachwahlwochen ist jetzt schon dahin. Dahinter wird zweierlei erkennbar: Wir haben in Berlin zwei zum Verwechseln ähnliche sozialdemokratisierte Großparteien, die sich nur noch durch machtpolitische Rangeleien gegenseitig zu übervorteilen suchen, und eine wirkungslose, von Partikularinteressen gesteuerte Opposition. Das wird die Politikerverdrossenheit und das Protestpotential ansteigen lassen - und damit auch die Chancen einer oppositionellen Kraft, die außerhalb dieses Altparteienkartells steht.

 

Dr. Rolf Schlierer ist seit 1994 Bundesvorsitzender der Republikaner. Foto: Rolf Schlierer: Schlussspurt

 

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