© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 15/06 07. April 2006

Bei Beamten soll noch mehr gespart werden
Finanzpolitik: Der Steuerzahlerbund verlangt wirkungsgleiche Übertragung aller Rentenreformen auf die Pensionen
Klaus Peter Krause

Der Bund der Steuerzahler warnt vor einer Pensionslawine, die auf die öffentlichen Haushalte zukommt. Die Warnung ist nötig, nur das Bild etwas schief, denn erstens sind Lawinen ein Naturereignis, und zweitens gehen sie plötzlich zu Tal.

Beides trifft auf die Beamtenpensionen nicht zu: Die Pensionslasten sind eindeutig Menschenwerk, und ihre immanente Energie wird sich über die Haushalte nicht auf einen Schlag entladen, sondern schrittweise im Lauf vieler kommender Jahre. Doch eines stimmt an dem Lawinenbild durchaus: Die Pensionen, die der Staat seinen Beamten für die Zeit ihres Ruhestands zugesagt hat, hängen drohend über den öffentlichen Haushalten als gewaltige, sehr reale Last und werden dort eine zerstörerische Kraft entfalten, weil sie andere staatliche Aufgaben unfinanzierbar machen.

Unsere Politiker haben keine Vorsorge getroffen

Aber auch der Steuerzahlerbund weiß: Um ein Naturereignis, das unvorhergesehen hereinbricht, handelt es sich bei dieser drohenden Last nicht; bekannt sei die Gefahr seit Jahren und Jahrzehnten. Aber im politischen Alltag ist das leider so: Befunde, Hinweise und Warnungen von Fachleuten werden überhört oder beiseite geschoben, machen sie doch auf überaus lästige Weise deutlich, wie begrenzt die Spielräume für politisches Handeln sind, sobald mit ihm Finanzbedarf verbunden ist. Sie stören, sie nerven, sie gehen der politischen Klasse gründlich gegen den Strich, weil sie die Politik überwiegend als Geldausgeben versteht, statt sich grundsätzlich und überwiegend auf das kluge Setzen von Ordnungsrahmen zu konzentrieren.

Der Steuerzahlerbund wirft den Politikern vor, daß sie es unterlassen haben, rechtzeitig Gegenmaßnahmen zu ergreifen und Vorsorge zu treffen. Erst in den letzten Jahren habe man mit Versorgungsrücklagen und einigen Begrenzungen der Pensionen begonnen. Das reiche aber bei weitem nicht aus, es seien noch weitergehende Maßnahmen nötig. Was auf die öffentlichen Haushalte an Belastungen durch künftige Pensionszahlung zukommt, führt er deutlich vor Augen. Er stützt sich dabei auf die 66-Seiten-Studie seines Karl-Bräuer-Instituts mit dem Titel "Ausgaben für Beamtenpensionen eindämmen".

Nach den Vorausberechnungen des Instituts steigen diese Pensionszahlungen in der einen Variante bis 2030 auf rund 61,5 Milliarden Euro im Jahr. Bis 2050 würden es rund 91,5 Milliarden werden, und das sei 3,7mal soviel wie 2003. In einer anderen Variante kommt die Vorausberechnung sogar auf das 5,5fache. Daher dringt der Steuerzahlerbund auf eine Reform der Beamtenpensionen und verweist als Vorbild auf die Einschränkungen bei der Gesetzlichen Rentenversicherung (GRV).

Mit welchen Maßnahmen das geschehen sollte, um die öffentlichen Haushalte zu entlasten, läßt sich der Studie entnehmen. Das Institut empfiehlt, die jährlichen Erhöhungen von Besoldung und Pensionen zu verringern, das Versorgungsniveau abzusenken, den Versorgungszeitraum zu begrenzen, die Pensionen (versicherungsmathematisch kalkuliert über Versorgungsfonds) anders zu finanzieren, die Versorgung der Hinterbliebenen zu begrenzen, an den Beihilfen für die Pensionäre zu sparen, weitere Versorgungsprivilegien zu streichen, das Pensionssystem für die Öffentlichkeit transparenter darzustellen, den Öffentlichen Dienst generell schlanker und weniger aufwendig zu machen sowie mit Einsparungen und soliden Finanzen für mehr Wachstum zu sorgen.

Sonderzahlungen für Pensionäre aufgeben

Zu den empfohlenen Einzelmaßnahmen gehört: die Versorgung jährlich weniger anheben als die Bezüge der noch Tätigen, der Pensionsberechnung das Gehalt der gesamten Lebens-Dienstzeit zugrunde legen, die Ausbildungszeiten weniger oder gar nicht anerkennen, den Ehegattenzuschlag aus ruhegehaltsfähigen Dienstbezügen streichen, Sonderzahlungen für noch Beschäftigte nicht pensionssteigernd anerkennen, Sonderzahlungen für Pensionäre kürzen und möglichst ganz aufgeben, den Versorgungsvorteil bei der Altersteilzeit abbauen, die Mindestversorgung und die erforderliche Dienstzeit überprüfen, die Frühpensionierungen auf Dauer weiter zurückführen und die Altersgrenzen für Beamte heraufsetzen.

Der Steuerzahlerbund steht mit seinem Verlangen nicht allein. Auch der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung hält es für geboten, Rentner und Pensionsempfänger gleich zu behandeln, soweit es um Einsparungen geht und weil die öffentlichen Haushalte langfristig wieder tragfähig gemacht werden müssen - so in seinem jüngsten Gutachten vom November 2005. Sein Vorsitzender Bert Rürup hat das am 19. März erneut bekräftigt und darauf gedrungen, das Versorgungsnachhaltigkeitsgesetz wieder im Bundestag auf die Tagesordnung zu setzen.

Der Entwurf des Gesetzes aus dem Bundesinnenministerium sieht die wirkungsgleiche Übertragung der Sparmaßnahmen in der Rentenversicherung auf die Beamtenpensionen vor, war aber im Sommer 2005 im Bundesrat gescheitert und - da die Bundestagswahl anstand - vorerst zurückgezogen worden. Doch wird sich das Wiedereinbringen hinziehen; Das Ministerium meint, der Bund könne den Entwurf erst dann wieder vorlegen, wenn die Föderalismusreform unter Dach und Fach sei.

In ihrem "Großen" Koalitionsvertrag haben Union und SPD die wirkungsgleiche Übertragung bereits angekündigt. Zu mehr hatten sie sich allerdings nicht geäußert, und getan haben sie bisher auch noch nichts. Drumherum kommen sie nicht. Dann aber kommen sie ebenfalls nicht darum herum, auch die Altersversorgung von Abgeordneten und politischen Amtsträgern unter die Transparenz- und Sparlupe zu nehmen, also ihre eigenen Altersbezüge. Wie und daß es geht, hat der Landtag von Nordrhein-Westfalen beispielgebend vorgemacht.

Es geht noch mehr: Gegen Lawinen kann sich der Mensch schützen, indem er ihnen aus dem Weg geht. Gegen Zahlungsunfähigkeit von Pensionsverpflichtungen kann sich der Staat schützen, indem er für jedes Pensionsversprechen Rückstellungen bildet.


Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen