© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 17/06 21. April 2006

Zu hohe Erwartungen
von Jörg Fischer

In seinen fünf Amtsjahren hat er wenig von seinen Wahlversprechen erfüllt. Immer mehr Führungskräfte und auch die wenigen Meinungsmacher, die anfangs hinter ihm standen, wandten sich ab. Am Ende unterstützte nicht einmal mehr der Industriellenverband den Unternehmer Silvio Berlusconi. Selbst Helmut Kohl warb nicht für dessen Forza Italia oder die Christdemokraten seines Freundes Rocco Buttiglione (die einst das Kürzel CDU trugen), sondern der deutsche Altkanzler unterstützte demonstrativ den "linken" Herausforderer Romano Prodi. Dennoch siegte der erklärte Favorit nur knapp.

Ob Prodi Italien die versprochene wirtschaftliche Wende bringt, ist höchst zweifelhaft. Die Wirtschaft fordert "grundlegende Reformen" - sprich mehr Markt und weniger Staat. Prodis linke Koalitionspartner fordern genau das Gegenteil. Wegen der hohen Staatsverschuldung von über 106 Prozent des Bruttoinlandprodukts wäre eine Kürzung von Ausgaben notwendig - oder Steuererhöhungen. Das aber schwächt den Konsum. Das italienische Rentensystem leidet an chronischer Finanzierungsschwäche - Kürzungen oder Beitragserhöhungen wären eigentlich unausweichlich. Doch dafür fand schon Berlusconi keine Mehrheit. Seit der Euro-Einführung hat Italien stark an Wettbewerbsfähigkeit verloren. Währungsabwertungen zur Unterstützung der italienischen Exporteure sind nicht mehr möglich. Der Beitritt Italiens zur Euro-Zone erfolgte aber unter der damaligen Prodi-Regierung - trotz zahlreicher Bedenken im In- und Ausland.


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