© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 17/06 21. April 2006

"Es geht um Recht und Freiheit aller Bürger"
Beatrix von Oldenburg und ihre Allianz für den Rechtsstaat haben 1998 das Enteignungsunrecht als Staatskrise entlarvt
Moritz Schwarz

Herzogin von Oldenburg, Ihre Familie war nicht Opfer der Enteignungen. Warum engagieren Sie sich dennoch gegen dieses Unrecht?

Oldenburg: Nicht nur ich, die meisten Mitglieder des "Göttinger Kreis - Allianz für den Rechtsstaat" gehören nicht zu den direkt Betroffenen. Aber in Deutschland haben Rechtsstaat und Gewaltenteilung versagt. Und die Tatsache, daß unsere zivilen Rechte und damit die Freiheit jederzeit zur Disposition, weil im Ermessen einer Gruppe von Bürokraten und Politikern stehen, sehen wir als eine Gefahr für alle Bürger. Die Frage der "Bodenreform" betrifft den Rechtsstaat; aber was hat der Großteil der Bürokraten und Politiker in den vielen anderen öffentlichen Lebensbereichen gemacht? Etwa in der Wirtschaftspolitik mit der ausufernden Staatsverschuldung und mit dem belastenden Steuersystem? Was ist mit der Bildung, mit der Gesundheit und mit dem Rentensystem? Immer ist das gleiche Phänomen zu erkennen: Die Bürokraten und die Parteien stellen ihre eigenen Interessen vor die der Bürger, um ihre Privilegien zu sichern! Und das natürlich auf Kosten der Freiheit und der damit verbundenen Lebenskraft der zivilen Gesellschaft.

Die Allianz für den Rechtsstaat - damals noch Studenten für den Rechtsstaat - ist 1998 bundesweit bekannt geworden, weil es Ihnen gelungen ist, Kohl und Schäuble in Sachen Enteignung der Lüge zu überführen.

Oldenburg: 1990 wurde bekanntlich von Seiten der Bundesregierung argumentiert, die UdSSR habe Ihre Zustimmung zur deutschen Einheit davon abhängig gemacht, daß die unter sowjetischer Besatzung durchgeführten "Enteignungen" nicht angetastet werden dürften. 1998 gelang es uns aber Michail Gorbatschow zu einer Veranstaltung nach Berlin zu holen, auf der er diese Behauptung als "absurd" bezeichnete. Sogar Kohl revidierte daraufhin seine Argumentation, wie der Spiegel berichtete. Mittlerweile ist allgemein anerkannt, daß die gesamte "Enteignungs"-Problematik auf einer Lüge basiert.

Doch geändert hat sich dennoch nichts.

Oldenburg: Weil viele der Bürokraten in den Parteien den politischen Gesichtsverlust für ihre Partei - bzw. die damaligen Parteiführer - ob der früheren Fehler vermeiden wollen. Außerdem sind diese Leute meist von den damaligen Amtsträgern gefördert worden. Der Kreis der Politiker, die 1990 den Verfassungsskandal verursacht haben und die eine gerechte Lösung für die "Enteigneten" verhindern wollen, hat also durchaus noch Einfluß.

Sie formulieren den Begriff Enteignung stets in Gänsefüßchen. Warum?

Oldenburg: Weil die sogenannte "Boden- und Industriereform" keine Enteignung, sondern eine politische Verfolgung war. Ihr Ziel: den Mittelstand zu vernichten, um eine Diktatur aufzubauen. Diese Verfolgung der Kommunisten traf etwa zu 15 Prozent Bauern und etwa zu 85 Prozent Industriebetriebe. Die Konfiskation des Eigentums war dabei übrigens nur eine von vielen Diskriminierungsmaßnahmen. Statt von "Enteignung" muß man also von politischer Verfolgung, statt von "Enteigneten" von Opfern politischer Verfolgung sprechen.

Was ist der nächste Schritt der Allianz?

Oldenburg: Neben juristischen Maßnahmen forcieren wir weitere wichtige Schritte in der Politik. So haben wir erwirkt, daß die FDP sich auf ihrem nächsten Bundesparteitag am 13. und 14. Mai mit unseren Anliegen beschäftigen wird. Wir werden uns weiter verstärkt als zivile Kraft für die Interessen der Bürger und gegen den Machtmißbrauch von Bürokratie und Parteien einsetzen.

 

Beatrix Herzogin von Oldenburg ist Sprecherin der "Allianz für den Rechtsstaat". Geboren wurde die Juristin 1971 in Lübeck.

 

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