© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 17/06 21. April 2006

CD: Metal
Sanfte Härte
Thorsten Thaler

Die Welt ist dumm, die Welt ist blind, Wird täglich abgeschmackter", heißt es am Anfang des Gedichts "Lyrisches Intermezzo" von Heinrich Heine in dessen "Buch der Lieder". Dumm, blind, abgeschmackt und, so möchte man hinzufügen, auch taub. Wer das für überzogen hält, soll geradewegs die nächste Bibliothek oder Buchhandlung aufsuchen, in ein Museum mit moderner Kunst gehen oder in einen beliebigen CD-Laden. Überall begegnet man größtenteils nur Nichtskönnern und Eintagsfliegen. Ramschware, so weit das Auge reicht.

Wirklich talentierter Nachwuchs hierzulande hat es hingegen verdammt schwer, sich gegen arrivierte Platzhirsche durchzusetzen, gleichviel um welche Sparte es sich handelt, ob Literatur, Bildende Kunst oder Musik. Wer einen Verlag im Rücken hat, einen Aussteller oder eine Plattenfirma, kann im Zweifel jeden Mist vorzeigen. Wer diesen Vorzug nicht genießt, muß sich nach der Decke strecken und darauf hoffen, allein durch seine künstlerische Arbeit auf sich aufmerksam machen zu können. Der deutschen Heavy-Metal-Band Mercury Falling ist genau das jetzt mit ihrer Demo-CD "Panta Rhei" gelungen.

Keimzelle des Quintetts aus Osthessen sind der Gitarrist Tobias Galmarini (30) und sein Bruder Daniel (27) an den Keyboards, der auch für das Songwriting und die Arrangements verantwortlich zeichnet. Komplettiert wird die aktuelle Besetzung durch Sänger Michael Pabst (26), Schlagzeuger Maicel Panitz (30) und den erst 19jährigen Bassisten Paul Viertel. Zu ihren Vorbildern zählen laut Bandinfo Dream Theater, Angra, Stratovarius, Yngwie Malmsteen und Savatage.

1997 ins Leben gerufen, nahmen die Galmarini-Brüder - beide studier(t)en Musikwissenschaft und unterrichten an der Ffortissimo Musikschule in Fulda - zunächst an Nachwuchswettbewerben teil und absolvierten zahlreiche regionale Live-Auftritte. 1998 spielten sie das erste Demo "Impressions Of A Dream" ein, 2001 folgte das Demo "Panta Rhei" mit vier Titeln, die sich jetzt auch auf dem gleichnamigen Album wiederfinden. Nachdem sie es beim Deutschen Rock- und Pop-Preis 2003 in Hamburg bis ins Finale schafften, durften sie im vergangenen Jahr im Vorprogramm von Freedom Call und Skyclad auftreten. Den Ritterschlag erhielten die fünf Jungs nun von der Musikzeitschrift Metal Hammer; dort firmieren sie in der April-Ausgabe unter der Rubrik "Helden von morgen", und die CD "Panta Rhei" wurde zum "Demo des Monats" befördert.

Der Ausdruck "panta rhei" ("alles fließt") stammt aus dem Griechischen und geht auf die Lehre des Philosophen Heraklit zurück, wonach es in der Welt nur ein ewiges Werden und Vergehen gebe, einen stetigen Wandel, und alles beharrende Sein auf Täuschung beruht. Der Titel ist gut gewählt, auch die melodisch eingängigen Kompositionen von Mercury Falling fließen mit sanfter Härte dahin, verschiedene Musikstile greifen ineinander, Tempiwechsel erzeugen Spannung; dazu kommt der fabelhafte Gesang von Michael Pabst. Die zehn Lieder neben dem titelgebenden Instrumentalstück bilden eine gelungene, weil abwechslungsreiche Mischung aus schnelleren Titeln ("Pandora Box", "Of Poets And Madmen", "Perpetual Sky"), Midtempo-Nummern und zwei ausgesprochen traumhaften Balladen ("Another World", "Take My Pain Away"), beide mit höchstem Gänsehautfaktor.

Bleibt dem Quintett und allen Melodic-Metallern nur zu wünschen, daß sich rasch ein Plattenlabel findet, das die Band unter Vertrag nimmt. Mit ihrer Demo-CD "Panta Rhei" haben Mercury Falling bewiesen, daß es sich lohnt.

Weitere Informationen im Internet unter www.mercuryfalling.de oder E-Post: tgalmarini@netscape.net


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