© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 18/06 28. April 2006

Meldungen

Teuer wie Napoleon: Célines Marktwert

FRANKFURT/ MAIN. Das Antiquariat ist nicht mehr, wie sein Titel vermuten läßt, ein Spezialorgan für Altbuchhändler und betuchte Leseratten. Sondern mit jeder neuen Ausgabe erweitert sich das auch für ein breites Publikum literaturhistorisch interessante Spektrum. So berichtet Jan-Pieter Barbian im jüngsten Heft (1/06) über einen Roman Ina Seidels, der im Herbst 1959 mit Günter Grass "Blechtrommel" auf den Markt kam, den späteren Welterfolg des Danzigers aber in den Schatten stellte. Seidels Mammutwerk "Michaela. Aufzeichnungen des Jürgen Brook" liefere eine "differenzierte Darstellung der deutschen Lebenswirklichkeit" unter der NS-Diktatur aus der Perspektive der im Lande verbliebenen liberalen und nationalkonservativen Intellektuellen, biete für die "Inneneinsicht in das Dritte Reich" sogar ein "gleichwertiges und lesenswertes Pendant zu Thomas Manns 'Doktor Faustus'". Trotzdem zählt dieses vergessene Epos heute zur antiquarischen Dutzendware. Kraß Gegenteiliges beklagt Georg Stefan Troller aus Paris: Ausgerechnet Werke von und über Louis-Ferdinand Céline, den "bösen Buben der französischen Literatur", den "Verfasser faschistischer und antisemitischer Pamphlete", erzielen stets Spitzenpreise auf dem Antiquariatsmarkt am Park Georges Brassens. Auch die sonstige Hinterlassenschaft Célines sei nichts für Schnäppchenjäger. Im November 2005 seien Briefe an seine jüdische Geliebte, aus denen Troller ausführlich zitiert, versteigert worden und hätten bis zu 4.000 Euro pro Epistel gekostet. Dies, so empört sich Troller, sei "etwa das, was man für ein Napoleon-Autograph bezahlt".

 

Keine Zukunft im "Basar"-Geschäft

MÜNCHEN. Wer das Wort "Basar" höre, verknüpfe es in der Regel mit märchenhaften Vorstellungen aus "Tausendundeiner Nacht". Seit Hans-Werner Sinns Prägung "Basar-Ökonomie" (2005) in den allgemeinen Sprachgebrauch Eingang gefunden hat, so die Duisburger Ökonomen Christian Müller und Torsten Sundmacher, werde damit aber weniger Märchenhaftes verbunden, sondern eher ein "Alptraum" auf eine griffige Formel gebracht (Wirtschaftswissenschaftliches Studium. Zeitschrift für Ausbildung und Hochschulkontakt, 4/06). Für Sinn, den Chef des ifo-Instituts, sei die "Basar-Ökonomie" gekennzeichnet durch den "pathologischen Boom der exportinduzierten Wertschöpfung" der deutschen Volkswirtschaft, bei gleichzeitig steigenden Lohnkosten und Arbeitsplatzabbau. Das Land sei zwar "Exportweltmeister", zugleich aber "Schlußlicht beim realen Wirtschaftswachstum". Während Sinn aber glaubt, als "Kaufladen der Welt" und "Drehscheibe des Handels" habe unser "Standort" immer noch eine Zukunft, halten Müller und Sundmacher dagegen. Denn im Unterschied zum "Basar", wo man wisse, daß der Händler die Ware nicht herstelle, erwarte der Kunde für sein Geld ein in Deutschland produziertes Gut, und "Made in Germany" sei ein "wichtiges Qualitätssignal". Werde aber an den "billigeren" Produktionsstätten in Osteuropa und Asien, wovon auch Sinn ausgehe, schlechtere Ware hergestellt, sei dieses Signal nicht länger glaubwürdig. In dem Maße, wie für Käufer die Signalqualität des Etiketts aufgezehrt werde, befriedigten sie ihre Kaufwünsche nicht mehr in Deutschland. "Auf lange Sicht" werde das Land damit auch als "Drehscheibe" das Wohlstandsniveau nicht halten können.

 

Erste Sätze

"Dieses ganze Gerede von der multikulturellen Gesellschaft geht mir echt auf den Keks."

Stefan Ulbrich (Hrsg.):

Multikultopia

Gedanken zur multikulturellen Gesellschaft,

Vilsbiburg 1991


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