© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 19/06 05. Mai 2006

PRO&CONTRA
Elternzeit für Väter?
Wassilio E. Fthenakis / Matthias von Gerstorff

Es hat lange gedauert, bis die Politik den Mann als Vater entdeckt hat. Erst als Christine Bergmann und dann Renate Schmidt auf die Idee kamen, den Vater auf die politische Agenda zu setzen, begann man über Vaterschaft neu nachzudenken. Die Väterstudie, der 7. Familienbericht und die derzeit geführte Diskussion über das Elterngeld haben diesem Ansinnen neuen Aufschwung gegeben. Man kann über das "Wickelvolontariat" denken, wie man will. An den Erkenntnissen der Forschung wird keiner vorbeikommen können: Väter sind mittel- und langfristig für die Entwicklung des Kindes ebenso wichtig wie Mütter, und die Zeit des Mutterprimats ist endgültig vorbei. Muß man Männer also dazu bewegen, Verantwortung für ihre Kinder zu übernehmen? Einem solchen politischen Ziel wird man schwerlich widersprechen können. Die Frage lautet vielmehr, von welcher Qualität der dafür gewählte politische Ansatz sein sollte!

Eine Politik, die eine solche Maßnahme für zwei Monate vorsieht, um bei Nicht-Beanspruchung zu verfallen, muß allerdings zurückgewiesen werden ebenso wie jener Ansatz, der den Charakter einer gewährenden, und weniger den einer von den Familien selbst mitgestalteten Politik trägt. Wir brauchen vielmehr einen politischen Ansatz, der von den Bedürfnissen der Familie ausgeht und ihnen optional Rechnung trägt.

Soweit die Appelle sich an den Mann als solchen richten, geht der politische Ansatz an der sozialen Realität vorbei, weil die absolute Mehrheit der Männer schon heute bereit ist, Verantwortung für das Kind und die Familie zu übernehmen. Dabei darf nicht übersehen werden, daß nicht durch eine einzelne, sondern durch eine Kombination verschiedener politischen Maßnahmen das gewünschte Ziel am ehesten erreicht wird. Schließlich ist nicht eine Maßnahme gefragt, sondern eine neue Qualität des politischen Modells.

 

Prof. Dr. Dr. Dr. Wassilio E. Fthenakis leitete das Staatsinstitut für Frühpädagogik (München) und lehrt an der FU Bozen.

 

 

Der Bonus von 300 Euro für Väter, die für die Kindererziehung zwei Monate aufhören zu arbeiten, ist reine Demagogie und Ausfluß der falschen Ideologie der 68er Bewegung. Daß der Staat ein steuerliches Instrument nutzt, um die Arbeitsteilung innerhalb der Familien zu beeinflussen, steht ihm nicht zu und ist blanker Sozialismus. Die Familien sollen und müssen selber entscheiden, wer was im Heim tut. So ist der Bonus für Väter ein klarer Verstoß gegen das Subsidiaritätsprinzip. Seit je her ist die Autonomie der Familie für sozialistisch denkende Menschen ein Dorn im Auge gewesen, und jede Gelegenheit wird ausgenutzt, um diese einzuschränken und den Einfluß des Staates in den Heimen auszuweiten.

Außerdem betreibt hier die rot-schwarze Koalition Geschlechtspolitik, d.h. sie will bestimmte feministische Muster dessen, was die Geschlechter seien, in der Gesellschaft etablieren. Ebensowenig Aufgabe des Staates, und es ist keineswegs klar, daß die Deutschen das wollen: Würden die deutschen Väter gerne ihre Kinder erziehen und die Mütter arbeiten lassen, müßte ein Bonus gar nicht eingeführt werden müssen, weil das schon üblich wäre.

Das geplante Vätergeld ist zudem noch diskriminierend. Es besagt nämlich, daß die Erziehungsarbeit von Vätern 300 Euro wertvoller ist als die von den Müttern, also rund 17 Prozent. Ist das nicht absurd? Oder anders gesehen: Wenn man die Väter mit den zusätzlichen 300 Euro aus den Arbeitsplätzen locken will, besagt das doch, daß Mütter von Natur aus weniger verdienen. Falls das der Fall ist, dann steht die Familie und die ganze Gesellschaft finanziell besser da, wenn die Väter arbeiten und nicht die Mütter.

Die einzig richtige Familienpolitik ist, die Familien steuerlich drastisch zu entlasten und selber entscheiden lassen, wie und wo sie ihre Kinder erziehen.

 

Matthias von Gerstorff ist Leiter der Aktion "Kinder in Gefahr". Er lebt in Frankfurt am Main.


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