© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 20/06 12. Mai 2006

Mit Steinen und Farbbeuteln
Burschenschaften: Hausverwalter kündigt nach gewalttätigen Angriffen in Jena Mietverhältnis mit Studentenverbindung / Nächtliche Übergriffe
Werner Lachhein

Anfang April spielte der Hamburger Fußballverein FC St. Pauli in Jena und verlor mit 0:1. In der Nacht zuvor hatten noch zwei junge Männer ihren Hoffnungen und Wünschen mit Sprüchen wie "St. Pauli siegt" und "Nazis und Bullen aufs Maul" Ausdruck verliehen, die sie an acht Häuser in der Jenaer Kefersteinstraße sprühten. In derselben Nacht ereignete sich jedoch ein weiterer, weit folgenschwererer Anschlag. Gegen vier Uhr randalierte eine Gruppe in der benachbarten Schleidenstraße. In dem bereits mehrfach mit Farbbeuteln und Pflastersteinen angegriffenen Eckgebäude wurden die Räumlichkeiten der dort ansässigen Jenaischen Burschenschaft Normannia verwüstet.

Die Burschenschaft war seit dem Bezug des Hauses im Jahr 2002 mehrfach im Visier des ortsansässigen "Jugendpfarrers" Lothar König und seiner von ihm "betreuten" Straßenkinder sowie der Antifa (JF 48/04) geraten. Auf dem Neujahrsempfang der PDS im Jahre 2003 verbrüderte sich der Altherrenvorsitzende der Jenaischen "Urburschenschaft" Arminia auf dem Burgkeller, Aloise Gombault, der zuvor ebenfalls mit Attacken gegen sein Haus, die "Grüne Tanne", zu kämpfen hatte, mit König. Offensichtlich aus Eitelkeit, da er keine vierte Burschenschaft vor Ort dulden wollte, schmiedete er ein Bündnis mit den antifaschistisch-autonomen Kräften in Jena.

Als langjährigem SPD-Mitglied und Gewerkschaftsfunktionär, so Gombault, sei es für ihn ein eher gangbarer Weg, mit den die Burschenschaften im allgemeinen bekämpfenden Mitgliedern der verschiedenen staatsverneinenden Gruppen den Aufstand der Anständigen zu proben, als sich solidarisch mit seinen couleurstudentischen Waffenbrüdern zu zeigen.

Dies hatte zur Folge, daß die "Junge Gemeinde" in Jena gemeinsam mit dem in Vollcouleur auftretenden Gombault zum Stiftungsfest der Normannia im Februar 2003 vor dem Hotel "Schwarzer Bär" gegen diese Burschenschaft mit Parolen wie: "Lieber ein Geschwür am After als ein deutscher Burschenschafter!" lauthals demonstrierte. Der Altherrenvorsitzende Gombault wollte damit ein Zeichen "gegen Rechts" setzen und vor allem die geplante Aufnahme der Normannia in den Dachverband Deutsche Burschenschaft um jeden Preis verhindern.

Der Schaden ging in die Zehntausende

Allerdings verfehlte er sein Ziel, da die Normannia, selbst Mitglied in der Burschenschaftlichen Gemeinschaft, einer Interessenvereinigung innerhalb der Deutschen Burschenschaft, nach dieser verleumderischen Aktion sowohl innerhalb wie außerhalb ihrer Interessenvereinigung deutschlandweit große Sympathie- und Solidaritätsbekundungen erfuhr. Auch konnte sie im Anschluß den größten Mitgliederzuwachs im Vergleich zu allen anderen Jenaer Verbindungen verzeichnen.

Nach diesem Fehlschlag mehrten sich die Übergriffe auf das Normannenhaus, dessen Eigentümer der ehemalige Vorsitzende der Republikaner in Jena, Wilhelm Tell, ist. Unter dem Vorwand, gegen Rechtsextremismus und Faschismus zivilen Ungehorsam zu üben, verschandelten Unbekannte sein Haus derart, daß die zumeist ausländischen Mieter, so Tell "in Angst und Schrecken versetzt" ihre Mietverträge kündigten.

Daraufhin sah er sich aus wirtschaftlichen Gründen genötigt, das Mietverhältnis mit der Burschenschaft Normannia umgehend zu kündigen. Der Schaden ging bereits in die Zehntausende. So waren die Normannen gezwungen, für ihr Aktivenleben eine neue Bleibe zu suchen, was auch innerhalb kürzester Zeit gelungen ist.

Auf der Gegenseite wurde die Kündigung als großer Sieg gefeiert und verlautbart, daß der Kampf gegen Rechts nun erst recht mit allen Mitteln in Jena entschlossener und verbitterter als bisher geführt werden solle.

Erstaunlich dabei ist, daß bei inzwischen über zwanzig Anschlägen, die sich von Sachbeschädigung bis zu versuchter gefährlicher Körperverletzung bewegen, bisher kein Schuldiger von der Staatsanwaltschaft verfolgt wurde. Jedoch konnten die Normannen zu ihrer Genugtuung feststellen, daß die örtliche Polizei hinter vorgehaltener Hand dieses Vorgehen auf das Schärfste verurteilte und der Burschenschaft ihr wohlwollendes Mitgefühl aussprach.

Die Burschenschaft Normannia Jena gibt sich allen Anfeindungen zum Trotz standhaft: "Wir werden uns von jedweder Gewalt und Diffamierung gegen unseren Bund und unsere Bundesbrüder sowie unsere Freunde und Förderer nicht einschüchtern lassen", heißt es in einer Erklärung des Verbindung. Die Burschenschaft werde ihren Aktivenbetrieb ohne Unterbrechung fortsetzen und weiterhin, getreu ihrem Wahlspruch "In Treue fest!", die kommenden Semester bestreiten.


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