© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 20/06 12. Mai 2006

Keine Rast für die Zeloten
Zum Filmstart von "Sakrileg" geraten Kirchenkreise weltweit in Aufruhr: Wie blasphemisch ist Dan Browns Geschichte?
Thorsten Thaler

Kaum ist der ebenso alberne wie höchst überflüssige Streit um die infantile MTV-Zeichentrickserie "Popetown" abgeebbt, droht katholischen Kirchenkreisen und christlich Bewegten die nächste Aufregung. Ins Haus steht der Kinostart des Hollywood-Films "The Da Vinci Code - Sakrileg", gedreht von Oscar-Preisträger Ron Howard ("A Beautiful Mind") nach dem Weltbestseller von Dan Brown.

Ab dem 18. Mai werden der US-Symbolforscher Robert Langdon (Tom Hanks) und die französische Kryptologin Sophie Neveu (Audrey Tautou), Enkelin des ermordeten Louvre-Direktors Saunière, einem - so Brown - jahrhundertelang vom Vatikan gehüteten Geheimnis nachjagen. Im Zentrum der angeblichen Verschwörung steht die Frage, ob Jesus mit Maria Magdalena verheiratet war, Nachkommen zeugte und so eine bis heute existierende Blutlinie frühchristlichen Ursprungs begründete.

Zugegeben, was Millionen von Lesern begeistert hat, mag für die Kirche nur schwer erträglich sein. Weltweit ist der katholische Klerus in Aufruhr, die Phalanx reicht von der Orthodoxen Kirche Griechenlands, die dazu auffordert, den Film nicht zu sehen und das Buch nicht zu lesen, bis nach Amerika, wo Kirchen zum Filmstart "Wahrheitskommissionen" einsetzen wollen. Der Vatikan ruft gar zu organisierten Protestaktionen auf und empfiehlt den Gläubigen, den Film "Sakrileg" wegen Verunglimpfung der Religion anzuzeigen.

"Jeets ooch ne Nummer kleener?" möchte man da "uff berlinerisch" fragen. Muß es immer gleich der Ruf nach Boykott und Zensur sein? Einen Gefallen tut sich die Kirche damit sicher nicht.

Vielleicht sollten sich kirchliche Kritiker einfach an Tom Hanks halten. Eine deutsche Boulevard-Zeitung zitierte den zweifachen Oscar-Gewinner ("Forrest Gump", "Philadelphia") mit der lapidaren Erkenntnis: "Wenn sie ein Schild raushängen, auf dem steht 'Diesen Mittwoch diskutierten wir das Evangelium', tauchen zwölf Leute auf. Schreiben sie 'Diesen Mittwoch diskutieren wir den Da-Vinci-Code', kommen 800." Da ist was Wahres dran. Kann der Kirche in säkularer Zeit besseres widerfahren?


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