© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 21/06 19. Mai 2006

Frisch gepresst

Deutsche Spuren. Vor hundert Jahren war es ohne weiteres möglich, von Memel über Posen, Ostrau, Preßburg, Budapest, Neusatz bis in die Vororte Belgrads zu reisen, ohne in einer anderen Sprache als Deutsch mit den Bewohnern zu sprechen. Die deutsche Präsenz in dieser Region Mittelosteuropas endete mit der Vertreibung nach 1945 grausam. Die wenigen deutschen Enklaven in Siebenbürgen oder auch dem Banat haben sich durch den Exodus nach dem Fall des Eisernen Vorhangs mehr oder weniger aufgelöst. Der Journalist Martin Schmidt und elf weitere Beiträger haben Orte mit Relikten deutscher Sprache und Kultur zwischen Baltikum, Kaukasus und Adria aufgesucht. Ihre Eindrücke reichen von saisonal aus der Bundesrepublik nach Siebenbürgen zurückkehrenden "Sommersachsen" bis hin zu sich langsam sowohl sprachlich als auch kulturell assimilierenden Tatradeutschen. In vielen Fällen ist ihre Bestandsaufnahme eher frustrierend. So ist oftmals absehbar, daß von den jahrhundertealten deutschen Siedlungen - auch wegen des Fehlens nennenswerter Unterstützung der Bundesregierung - in einer Generation kaum mehr Spuren zu finden sein werden (Reise zu den Deutschen im Osten Europas. Zwischen Oder und Memel, Karpaten und Kaukasus. Ares Verlag, Graz 2006, 240 Seiten, gebunden, Abbildungen, 29,90 Euro).

Deutsche Regenten. Was haben Stuhlweißenburg, Madrid, das südmährische Znaim, Prag, Pisa und Speyer gemein? In diesen Orten findet man Grablegen deutscher Herrscher, genauer der Kaiser und Könige des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation. Hartmut Jericke beschreibt in seiner Schau auf die Endstationen der 18 Fürsten gleich auch die wesentlichen Merkmale ihrer Regentschaft. Angefangen mit Rudolf von Habsburg, der 1291 in Speyer bestattet wurde, endet der lesenswerte Überblick mit seinem dynastischen Nachkommen Rudolf II., dessen Gebeine seit 1612 im Prager Veitsdom ruhen. Damit schließt das Buch nahtlos an den 2005 erschienenen Eingangsband an, der die Herrscher von Konrad I. bis zu den drei "ausländischen" Königen des Interregnums beschrieb (Begraben und vergessen. Tod und Grablege der deutschen Kaiser und Könige. DRW-Verlag, Leinfelden-Echterdingen 2006, 126 Seiten, broschiert, Abbildungen, 12,90 Euro).

Deutschbalten. Christa Banga-Leithold siedelte 1955 mit ihrer Mutter in deren lettische Heimat über. Dort wirkte sie nicht nur im lettischen Unabhängigkeitsprozeß mit, sondern bemühte sich im Kulturverein Dobele seit 1989 um deutsch-lettische Verständigung. Sie beschreibt sehr aufschlußreich, wie die auswärtige Kulturförderung des Bundes sie erst unterstützte, dann aber aus politischen Gründen das Projekt fallenließ, weil auch vermeintlich "rechte" Geldgeber die deutsche Kulturarbeit unterstützten (Deutsch-baltische Rückbesinnung. Meine Erlebnisse im Kulturverein Dobele. Frieling Verlag, Berlin 2005, 173 Seiten, broschiert, 9,80 Euro).


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