© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 21/06 19. Mai 2006

Meldungen

Türkei: Knirschen an der Nahtstelle

SEELZE. Die Sympathien des Hamburger Nahost-Experten Udo Steinbach für eine Aufnahme der Türkei in die EU sind bekannt, und er weiß seine wissenschaftliche Autorität multimedial dafür einzusetzen. Wenig verwundert daher, wenn er in seiner jüngsten geopolitischen Analyse über die Türkei als "Nahtstelle zweier Welten" (Geschichte in Wissenschaft und Unterricht, 3/06) Ankaras politischer Klasse die Europatauglichkeit bescheinigt. Verstörend wirkt in Steinbachs außenpolitischem Tableau jedoch, daß er für 2006 nicht ausschließen möchte, daß es zwischen der Türkei und den USA, dem bislang wichtigsten Lobbyisten des EU-Kandidaten, zu einer "langfristigen tiefgreifenden Veränderung der jahrzehntelangen strategischen Beziehungen" kommen könnte. Denn die anhaltende US-Besatzung des Irak gehe einher mit einem "eskalierenden Antiamerikanismus" in der Türkei. Ankaras Ängste richten sich vor allem auf das nicht unrealistische "Horrorszenario", dem irakischen Chaos könnte ein staatsähnliches kurdisches Gebilde entsteigen. Dessen Entstehung wäre für Ankara der "casus belli". Ob derartige nahöstliche Verwerfungen nicht seine positive Prognose für den türkischen EU-Beitritt relativieren, fragt Steinbach in diesem Kontext leider nicht.

 

Israel-Lobby: Einfluß überschätzt

BERLIN. Daß die Kritik der Politologen John J. Mearsheimer und Stephen M. Walt am Einfluß der "Israel-Lobby" in der US-Politik (JF 16/06) heftige Reaktionen auslösen würde, war zu erwarten. Allerdings bleibt der Federkrieg eine US-interne Angelegenheit, weil gerade hierzulande die Thematik als "heißes Eisen" gilt. Immerhin durfte nun der für die Süddeutsche Zeitung tätige Journalist Tim B. Müller im "Atlantiker"-Organ Internationale Politik (5/06) eine erste Übersicht über den Streitstand geben. Dabei räumt Müller ein, daß Mearsheimer und Walt mit keiner Argumentation "so sehr recht" hätten wie mit ihrer Kritik an der gängigen Praxis, jede Verurteilung der israelischen Politik mit der "Allzweckwaffe Antisemitismus" niederzumachen. Das ausgefeilte System studentischer Spitzel und "schwarzer Listen" gegen "israelkritische Professoren" habe inzwischen "die politische Kultur der USA" beschädigt. Andererseits glaubt Müller sich der wütenden Polemik gegen die beiden aus dem Lager der "Lobbyisten" anschließen zu müssen. Mearsheimer und Walt überschätzten den Einfluß der "zionistischen Lobby" auf die US-Außenpolitik gewaltig. Sie trügen so nur dazu bei, wie selbst der Anti-Zionist Noam Chomsky beklagt, von Washingtons Imperialismus abzulenken, indem sie die Verantwortung dafür "auf einen relativ unbedeutenden Staat und Bundesgenossen des Hegemons" abwälzen.

 

Ozon-Schicht zeigt Zeichen der Regeneration

LONDON. Die Konzentration ozonzerstörender Chlorverbindungen nimmt in der Atmosphäre seit Mitte der 1990er Jahre ab. Inzwischen zeigt die Ozonschicht Anzeichen einer Erholung, berichten Elizabeth Weatherhead von der University of Colorado in Boulder und Signe Andersen vom Dänischen Meteorologischen Institut in Kopenhagen (Nature, 441/06). Dieser Effekt sei allerdings nur über der Arktis, nicht aber am Südpol wahrnehmbar. Zudem sei fraglich, ob sich die Ozonwerte wieder auf dem Niveau von vor 1980 stabilisieren.

 

Erste Sätze

In der Auffassung der Völker- und Menschheitsgeschichte streiten Idealismus und Materialismus gegeneinander.

Paul Rohrbach:

Der deutsche Gedanke in der Welt, Königstein/Taunus, Leipzig, 1936


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