© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 22/06 26. Mai 2006

Sonderbare Naturbegeisterung
Kampf gegen Rechts II: Organisationen mit teilweise abenteuerlichen Konzepten profitieren von den staatlichen Fördertöpfen
Holger Wartz

Das Motto paßt zur Fußballweltmeisterschaft: "Deutschland vom Platz fegen!" Daß es allerdings ausgerechnet die "Naturfreundejugend" ist, die auf der Internetseite www. vorrundenaus.de  präsentiert wird, klingt geradezu absurd. Mit aufwendig gestaltetem Material will der Verein deutsche Mißstände kritisieren wie das "rassistische Grenzregime, den totalen Überwachungswahn, die zu erwartende Zwangsprostitution und deutsche Normalität à la marodierende Nazibanden".

Vorrundenaus für Deutschland heiße, so die Naturfreunde, "keine deutschen Freudenfeste, keine deutschlandfahnenschwenkenden Trunkenbolde, keine nationalistischen Fernsehjubelansprachen, kein Autokorso am Finaltag. Das heißt: Ein paar Ekelhaftigkeiten weniger. Das heißt vor allem: Glücksgefühl für alle, die 'Volk und Vaterland' keinen Erfolg gönnen."

Daß es sich bei den "Naturfreunden" um ausgemachte Linksextremisten handelt, wird allerdings nicht nur bei ihrer Anti-WM-Aktion klar. Wer sich über die Homepage des Berliner Landesverbandes über den Verein informieren möchte, findet auf deren Seite mit den Verweisen nicht etwa ökologische Projekte, sondern ausschließlich "antirassistische" und "antimilitaristische" Initiativen. Darunter befinden sich polizeibekannte Linksextremisten wie etwa der Verein "Kein Mensch ist illegal".

Auf der Internet-Seite des nordrhein-westfälischen Innenministeriums wird man schlauer, wer da empfohlen wird: "Über verdeckte oder 'halblegale' Strukturen sollen Flüchtlingsgruppen Unterstützungsarbeit für 'Illegalisierte' leisten wie zum Beispiel die Organisierung medizinischer Hilfe, Beschaffung von Wohnungen, Arbeit und Papieren bis zur Fluchthilfe", heißt es über "Kein Mensch ist illegal".

Über die enge Verzahnung linksextremistischer Initiativen untereinander müßte man sich eigentlich nicht wundern - würde nicht das Bundesjugendministerium selbst die Naturfreundejugend heiß empfehlen. So taucht die Organisation ausgerechnet bei den "Links in der Kinder- und Jugendpolitik" auf. Auch in den Genuß öffentlicher Gelder kam der Verein bereits - konsequenterweise nicht aus den Töpfen des Umweltministeriums, sondern des "Kampfes gegen Rechts", der seit nunmehr sechs Jahren vom Bundesjugendministerium aus organisiert und umgesetzt wird. Immer wieder kommen Untergruppierungen des Vereins an öffentliche Gelder, so im Jahr 2001 etwa die "Naturfreundejugend Grüna" für deren "Projekttage für couragiertes Handeln gegen Rechtsextremismus in Chemnitz und Umgebung".

Förderer war damals das Bundesprogramm Civitas. Und in den Jahren 2002 und 2003 wurde der Verein von Entimon, einem weiteren Aktionsprogramm des Bundes "gegen Rechts", finanziell unterstützt. Inwiefern die Bundesregierung auch die jetzige Anti-WM-Aktion als förderungswürdig einstuft, war bislang nicht zu erfahren. Anfragen an das Bundesjugendministerium blieben ohne Antwort. Dabei scheint man, was die Feststellung der Förderungswürdigkeit von Vereinen angeht, beim "Kampf gegen Rechts" ohnehin etwas großzügiger als anderswo zu sein. Die Debatte um die Weiterführung der Förderung durch den Bund - immerhin 19 Millionen Euro jährlich - ist mittlerweile wieder vom Tisch.

Anetta Kahane, die im Programmbeirat von Civitas sitzt, ist jedenfalls trotz des Regierungswechsels in Berlin nicht bange. Kahane leitet gleichzeitig die linksradikale Amadeu-Antonio-Stiftung, die ebenfalls Projekte "gegen Rechts fördert". In einem Interview mit der Internetplattform Mut-gegen-rechte-Gewalt, die die Amadeu-Antonio-Stiftung gemeinsam mit dem Magazin Stern betreibt, äußerte sie sich optimistisch über die künftige Finanzierung des "Kampfes gegen Rechts". So sieht sie gleich eine "Reihe von erfreulichen Signalen" seitens der Bundeskanzlerin Angela Merkel. Unter ihr, da ist sich Kahane sicher, sei kein Förderstopp zu befürchten. "Als wir beispielsweise zum Jahreswechsel eine unserer neuen Broschüren ins Kanzleramt schickten, kam postwendend ein Schreiben im Auftrag von Angela Merkel zurück, in dem sie betont, wie wichtig es ihr sei, 'daß die Maßnahmen gegen Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit, für Demokratie und Toleranz fortgeführt und auf Dauer verstetigt werden sollen'". Während an anderen Stellen das Geld immer knapper wird, können die Initiativen also weiterhin mit ihrer Förderung rechnen. Wieviel Geld bislang geflossen ist, läßt sich nur erahnen.

Mehr als 200 Millionen Euro Förderung

Insgesamt, inklusive der Fördermaßnahmen durch die Kommunen und die Bundesländer, die noch zusätzlich zu den Bundesprogrammen durchgeführt werden, dürfte der Gesamtbetrag bei mehreren Hundertmillionen Euro liegen. Bereits im Dezember 2002, also erst im zweiten Jahr der Fördermaßnahmen des Bundes, wurde das Gesamtvolumen seitens der Friedrich- Ebert-Stiftung auf etwa 200 Millionen geschätzt. Für die "Naturfreunde", die in der Fußball-WM ein nationalistisches Massenspektakel erkennen wollen, sind das allesamt gute Nachrichten. Dort wird man sich auch weiterhin rebellisch und linksaußen fühlen - und sich gleichzeitig über den Zuspruch von offizieller Seite freuen.


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