© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 22/06 26. Mai 2006

Meldungen

Identität: Abschied von einem Begriffsungetüm

KÖLN. Über die "unheimliche Konjunktur" des "Plastikwortes" Identität hatte der Jenaer Zeithistoriker Lutz Niethammer schon 2000 gestöhnt, selbst aber mit einem Wälzer diese Konjunktur angeheizt (JF 29/00). Seitdem lösten diverse "Leitkultur"-Debatten noch die letzten Konturen des ohnehin amorphen "Identität"-Begriffs auf. Kein Wunder, wenn sich angelsächsische Kulturwissenschaftler um seine Entsorgung bemühen, worauf Peter Stachel in einer "Problemgeschichte" dieses "zentralen Begriffsungetüms" hinweist (Archiv für Kulturgeschichte, 2/2005). Vor allem Rogers Brubaker (Los Angeles) und Frederick Cooper (Ann Arbor) warten mit einem alternativen Begriffsbündel auf. Statt komplexe Phänomene auf den einen Begriff Identität zu reduzieren, ließen sie sich terminologisch differenzieren, um verschiedene soziale Akte zu erfassen. So stecke in Identität die Fremd- und Selbstzuschreibung, situations- und zeitbedingtes Selbstverständnis und die soziale Verortung sowie das "Zusammengehörigkeitsgefühl", das auf objektiv vorhandenen Gemeinsamkeiten wie auf subjektiv empfundener Verbundenheit basiere. Da die neue Terminologie sich nicht auf dem Verordnungsweg durchsetzen lasse, müsse sie aber ihre Tauglichkeit im Rahmen empirischer analytischer Untersuchungen erst noch unter Beweis stellen.

 

Südamerika: Bruch mit der Moderne

MÜNCHEN. Mit großem Erstaunen reagieren europäische Medien auf die Linkswende in Südamerika. Dabei komme, wie Mónica Bruckmann und Theotonio Dos Santos in ihrem Abriß über "Soziale Bewegungen in Lateinamerika" (Prokla. Zeitschrift für kritische Sozialwissenschaft, Heft 142/06) zeigen, in Venezuela oder Bolivien nur zum Durchbruch, was sich seit Jahren vorbereitete. Traditionelle Gravitationszentren sozialer Kämpfe wie Arbeiter- und Studentenbewegung seien nach 1990 durch den Siegeszug des Neoliberalismus zwar marginalisiert worden. Aber neue Akteure - Umweltschützer, ethnische Minderheiten, "Antiglobalisierer" oder der Feminismus -seien an ihre Stelle getreten. Die kräftige antikapitalistische Unterströmung zeige sich dabei nicht nur im "Widerstand gegen den Neoliberalismus" der "herrschenden einheimischen Klassen", sondern scheine überhaupt mit "großpolitischen Projekten" der "klassischen" Moderne wie Staat und Nation brechen zu wollen. Dies bewirke auch eine "Evolution der gesamten Linken", da das neue Konzept der Zivilgesellschaft auf Parteipolitik ebenso verzichte wie auf marxistische Orientierung an der Fortschrittsideologie.

 

Erste Sätze

In liturgischer Sicht ist die Kirche Kultgemeinschaft, und zwar die Kultgemeinschaft Christi.

Gottlieb Söhngen: Symbol und Wirklichkeit im Kultmysterium, Bonn, 1937


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