© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 23/06 02. Juni 2006

Frisch gepresst

Enteignungsopfer. Im Jahr 2002 verstarb die hundertjährige Rauthgundis Baronin von Eberstein. Ihr letzter Wunsch, in ihrer ehemaligen Heimatdorf Genshagen zur Ruhe zu kommen, konnte nur auf höchst makabre Art und Weise erfüllt werden: Ein halbes Jahr später wurde die Urne der alten Dame auf dem örtlichen Friedhof beigesetzt. Dabei wäre die nach 1945 von den Kommunisten vom elterlichen Schloß Genshagen Vertriebene gerne aus den USA an diesen Platz zurückgekehrt - sogar zu der Bedingung, sich in einem Nebengebäude einzumieten. Doch der neue Okkupant, eine Bundesstiftung, sprach der damals 95jährigen sogar ein Hausverbot aus und berief sich auf "Instruktionen der Regierung" (JF 4/06). Ihre nun vorliegende Biographie schildert die schicksalhaften Höhen und Tiefen der Preußin und gibt aufschlußreiche Einblicke in die versunkene Welt der alten Mark (Ein Leben in zwei Jahrhunderten in zwei Kontinenten. Von Genshagen nach San Francisco. Books on demand, Norderstedt 2006, 307 Seiten, broschiert, 19,90 Euro).

Medien im Kalten Krieg. "Ich glaube an die Unantastbarkeit und an die Würde jedes einzelnen Menschen. Ich glaube, daß allen Menschen von Gott das gleiche Recht auf Freiheit gegeben wurde. Ich verspreche, jedem Angriff auf die Freiheit und der Tyrannei Widerstand zu leisten, wo auch immer sie auftreten mögen." Unter dem Geläut der Freiheitsglocke drang dieser Schwur jeden Sonntag um zwölf via den Rundfunk im amerikanischen Sektor (RIAS) in West-Berliner Wohnstuben. Zumeist jedenfalls, denn die "freie Stimme der freien Welt" hatte mit den Störsendern hinter dem Eisernen Vorhang zu kämpfen. Ein Beispiel von vielen aus dem Kalten Krieg auf medialer Ebene. Man meint vieles über ihn und seine Auswirkungen zu wissen. Durch die Öffnung vieler Archive im Osten wurden jedoch mehr Fragen aufgeworfen als beantwortet. Diese Fragen will der vom Potsdamer Medienhistoriker Thomas Lindenberger herausgegebene Sammelband über die "Massenmedien im Kalten Krieg" (Akteure, Bilder, Resonanzen. Böhlau Verlag, Köln 2006, 286 Seiten, gebunden, Abbildungen, 39,90 Euro) auf vielfältige Weise beantworten. Dennoch irritiert, daß unter den angekündigten "Akteuren" solch schillernde und medienwirksame Existenzen wie Karl Eduard von Schnitzler kaum eine Erwähnung wert sind.


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