© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 24/06 09. Juni 2006

Zur Gesinnungsprüfung bitte an der Bar melden
Irrsinn in Frankfurt-Sachsenhausen: Pünktlich zur WM spaltet die Kampagne "Bembel gegen Rechts" die Äppelwoi-Fraktion
Werner Olles

Für manche Leute ist er das Optimum an Trinkgenuß, andere verziehen bei seinem leicht gewöhnungsbedürftigen Geschmack den Mund und murmeln angewidert etwas von "saurer Brühe". Die Rede ist vom Frankfurter bzw. Sachsenhäuser Nationalgetränk, dem Apfelwein, muttersprachlich: Äppelwoi, der den Gästen in sogenannten Bembeln gereicht wird.

Nun hat planmäßig zur Fußball-WM die Frankfurter Werbeagentur Burnett eine Plakatkampagne mit dem sinnigen Titel: "Bembel gegen Rechts" entwickelt. Das Plakat zeigt frisches Obst, unter das sich ein verfaulter, brauner Apfel gemischt hat, und der Text "Bei uns komme kaa Braune ans Stöffche" soll klarmachen, daß "braune Gesinnung in den Sachsenhäuser Kneipen nicht erwünscht ist". Frank Diedrich, Betreiber des Clubs "Das Bett" und Initiator der Aktion: "Es ist uns wichtig, rechte Tendenzen bereits im Keim zu ersticken."

"Zivilcourage in Sachsenhausen" - anstatt des zutreffenderen Titels "Irrsinn in Sachsenhausen" -, überschrieb die FAZ in vorauseilendem Gehorsam die Aktion, und traute sich nicht einmal zu fragen, wer denn nun in den Äppelwoi-Kneipen für die Überprüfung "brauner Gesinnung" bzw. "rechter Tendenzen" zuständig ist: die Kellnerinnen, die Wirte, oder müssen dafür eigens spezielle Gesinnungsprüfer eingestellt werden? Dient das Ganze vielleicht als Arbeitsbeschaffungsmaßnahme für arbeitslose Zuarbeiter des Duisburger Instituts für Sprach- und Sozialforschung (DISS), oder stecken gar die Verursacher des berüchtigten "Antidiskriminierungs-Gesetzes" dahinter? Immerhin könnte sich ja auch ein Rechter durchaus diskriminiert fühlen, wenn ihm der Genuß des "Stöffche" plötzlich verwehrt wird.

Anders als besagter Äppelwoi erscheint das alles etwas unausgegoren. Können "rechte Tendenzen" nicht besser mit Äppelwoi erstickt werden? Und was kommt als nächstes? Werden sich möglichwerweise auch die zuhauf angereisten Liebesdienerinnen zugeknöpft zeigen, wenn sich ihnen ein "rechter" Freier in eindeutiger Absicht nähert? Wer wird denn hier nun eigentlich diskriminiert? Gefordert ist jetzt die Bundesjustizministerin. Frau Zypries, übernehmen Sie"!


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