© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 24/06 09. Juni 2006

Frisch gepresst

Ost-West-Einblicke. "Von Adenauer bis Putin" oder "Von Breslau nach Moskau" wäre auch ein passender Titel für die rechtzeitig zu seinem achtzigsten Geburtstag Mitte Juni erschienenen Lebenserinnerungen von Wolfgang Seiffert gewesen. 1926 in Breslau geboren, geriet er 1945 in sowjetische Kriegsgefangenschaft. Hier lernte er Russisch und entwickelte sich zum Kommunisten. 1949 trat er in die Freie Deutsche Jugend (FDJ) in Westdeutschland ein, wurde 1953 wegen angeblich verfassungsfeindlicher kommunistischer Aktivitäten verhaftet und 1955 verurteilt. 1956 flüchtete er über Umwege in die DDR - und wurde dort umgehend als "Held" gefeiert, Kinderferienlager und Jugendherbergen trugen seinen Namen. An der Humboldt-Uni studierte er dann Jura. Neben seiner akademischen Karriere war er immer ein gefragter Gesprächspartner - in Ost und West. Sein profundes Wissen über die russische Innenpolitik im "System der gelenkten Demokratie" von Wladimir Putin stünde manchem außenpolitischen Kommentatoren der Gegenwart gut zu Gesicht. Seiffert schildert anekdotenreich seine Lebensstationen und läßt dabei stets politische Bewertungen einfließen - immer unter dem Blickwinkel der deutschen Einheit, die Seiffert während all der Jahre als Maxime der Deutschlandpolitik ansah. (Selbstbestimmt. Ein Leben im Spannungsfeld von geteiltem Deutschland und russischer Politik. Ares Verlag, Graz 2006, 216 Seiten, gebunden, Abbildungen, 19,90 Euro).

 

Gesellschaftskritik. "Der Alptraum der Freiheit" ist eine Zusammenstellung von Polemiken, mit der die Positionen einer "radikalen Gesellschaftskritik" einer breiteren Masse nahegebracht werden sollen. "Wir wollen zuspitzen, nicht abstumpfen", sagen die Herausgeber des Buches. Braves Schuldenken und artige Gelehrsamkeit sollten auf "der Höhe der Krise kapitalistischer Vergesellschaftung zugunsten radikaler Kritik" gelegt werden. Die Autoren des Sammelbandes sehen die Gesellschaft in einer sich immer verschärfenden Krise, die vor allem durch die Globalisierung entstanden ist. Dabei halte sich der politische und theoretische Diskurs immer hartnäckiger an den "obsoleten" Begriffen von Nation und Politik fest (Robert Kurz, Roswitha Scholz, Jörg Ulrich: Der Alptraum der Freiheit. Verlag Ulmer Manuskripte, Ulm 2005, broschiert, 141 Seiten, 12,80 Euro).


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