© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 25/06 16. Juni 2006

"Einwandfreier Helfer"
Technisches Hilfswerk: Einem ehrenamtlichen Mitarbeiter mit NPD-Parteibuch droht das Aus
Anni Mursula

Wegen seiner politischen Gesinnung soll ein ehrenamtlicher Mitarbeiter des Technischen Hilfswerkes (THW) in Straubing entlassen werden. In einem Schreiben der THW-Zentrale in Bonn, die dem Bundesinnenministerium untersteht, wird Stephan G.-T seine Mitgliedschaft in der NPD vorgeworfen: Diese sei nicht mit dem Bekenntnis zum demokratischen Rechtsstaat zu vereinen. Ein solches Bekenntnis sei aber für eine Mitarbeit beim THW Voraussetzung.

Der Grund für die Entlassung ist aber nicht nur die Mitgliedschaft in der rechten Partei. Dem 35jährigen wird auch vorgeworfen, daß er "ein führender Kopf" der rechtsextremen Kameradschaft "Weiße Wölfe" sei. " Ich bin dort nicht Mitglied und war es auch nie", sagte Stephan G.-T. gegenüber der JUNGEN FREIHEIT. "In der NPD bin ich momentan ein ganz normales Mitglied."

Aufgegriffen hat den Fall die oberpfälzische SPD-Bundestagsabgeordnete Marianne Schieder. In einem Brief an Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) berichtete sie Ende April über die rechtsextreme Szene, die in ihrem Wahlkreis Cham "Fuß zu fassen" versuche. Besonders besorgt sei sie über die "Weißen Wölfe" und über deren angeblichen Anführer Stephan G.-T. Die von Schieder unterstützte "Friedensinitiative Cham", die mit der Antifa zusammenarbeitet, habe herausgefunden, daß Stephan G.-T. nicht nur rechtsradikal sei, sondern zudem für das THW arbeitet. In ihrem Schreiben bittet sie den Minister, die Sache baldmöglichst zu prüfen.

Der zuständige Staatssekretär im Bundesinnenministerium, Peter Altmaier (CDU), reagierte schnell. Nur zwei Wochen nach Schieders Brief gab er bekannt, daß Stephan G.-T. nichts mehr beim THW zu suchen habe. Auf Anfrage der JF wollte das Bundesinnenministerium keine Aussage zu Personalangelegenheiten machen.

Wenige Tage später, am 13. Mai, bekam der THW-Helfer eine Vorladung von seinem Ortsbeauftragten Manfred Rüth; er sollte Stellung nehmen zu den Vorwürfen. Die Vorladung sei aber nur eine Formalie gewesen, denn Manfred Rüth habe von Anfang an zu Stephan G.-T. gehalten. "Das ist in Deutschland, denke ich, einmalig", sagt Stephan G.-T. Normalerweise würde keiner den Kopf für ein NPD-Mitglied hinhalten.

Aber Rüth hält sein Kopf hin, seinen eigenen Worten nach, weil Stephan G.-T. als Helfer "zuverlässig und engagiert" sei. "Er ist immer ein einwandfreier Helfer und sehr fleißig", sagte Rüth der Straubinger Rundschau. Deshalb fordert er von der THW-Leitung in Bonn eine "eindeutige und rechtskräftige Begründung" für die mögliche Entlassung. Auch der THW-Geschäftsführer des Ortsverbandes Straubing, Franz-Xaver Schmid, hat kein Verständnis für die Vorgehensweise des Innenministeriums. Stephan G.-T. sei noch nie politisch auffällig geworden und trage auch keine rechtsradikalen Symbole. "Außerdem haben wir noch nie gefragt, bei welcher Partei jemand ist. Das interessiert uns nicht. Wir wollen helfen", sagte Schmid der Süddeutschen Zeitung. Mit der Entlassung des Mannes wolle er nichts zu tun haben. Damit solle sich das Innenministerium "selber blamieren".

"Daß ich wegen meiner politischen Meinung diskriminiert werde, ist keine Überraschung - damit muß man in Deutschland leben", sagte Stephan G.-T. der JF. "Der eigentliche Skandal ist aber, daß falsche Behauptungen von den offiziellen Behörden einfach so übernommen werden und nicht richtig überprüft werden."

"Sollte letztendlich die Entscheidung doch zu meiner Entlassung führen, werde ich meine jährlich Hunderte von ehrenamtlich geleisteten Stunden in die Politik investieren - das ist auch Dienst am Nächsten", so Stephan G.-T. "Ich finde es schade, daß es Vertreter im Bundestag gibt, die eher durch Denunziation auffallen anstatt durch Leistung; von ehrenamtlicher Tätigkeit ganz zu schweigen." Marianne Schieder habe er etwa bis jetzt bei keiner Hochwasserkatastrophe gesehen.


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