© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 25/06 16. Juni 2006

Zeitschriftenkritik: Karfunkel
Lichter, als man denkt
Werner Olles

Das im 14. Jahrgang zweimonatlich mit einem Umfang von jeweils ca. 130 Seiten erscheinende Magazin Karfunkel - Untertitel: "Zeitschrift für erlebbare Geschichte, Re-enactment und Histotainment" - beschäftigt sich in seiner jüngsten Ausgabe mit den Schwerpunkten "Wissen und Wissenschaft im Mittelalter" und "Die sieben Weltwunder". Als Gründungsmitglied des ersten Deutschen Dachverbandes für erlebbbare Geschichte, Vita Historica, und von Carpe, der Cooperativen Allianz der Publizisten für Re-enactment in Europa, ist es Karfunkel ein besonderes Anliegen, das ständige Nachplappern der modernistischen Lüge vom "finsteren Mittelalter" zu widerlegen. Das ist eine verdienstvolle Aufgabe, denn tatsächlich suchte der Mensch des Mittelalters mit aller Akribie nach neuen Erkenntniswegen, wovon heutzutage die allermeisten nicht einmal eine historische Ahnung haben. Für den typischen Mitteleuropäer fängt das Denken bekanntlich erst mit der Aufklärung an, die er zwar nicht verstanden hat, wohl aber fanatisch an sie glaubt.

Karfunkel fragt indessen, ob wir Modernen wirklich besser, gebildeter und zivilisierter sind als die Menschen des Mittelalters, weil wir wissen, wie man Atome spaltet oder Pflanzen gentechnisch verändert. Unsere hochmütige Selbsteinschätzung als "Wissensgesellschaft" müsse jedoch kritisiert werden, da wir vormodernen Gesellschaften damit unterstellten, über kein nennenswertes Wissen zu verfügen. Tatsächlich halte die Betrachtung der Geschichte in heutiger Rückschau als "Altes. Überholtes, Unvollkommenes", einen Zwischenschritt gewissermaßen auf dem Weg hin zum "homo technicus" einer Überprüfung der historischen Fakten in keiner Weise mehr stand.

Weil man sich in der hochmittelalterlichen Gesellschaft und in deren Wissenschaft beispielsweise an der Erlösung der Seelen von der Sünde und der Herrschaft Gottes nach dem Endgericht orientierte, waren natürlich auch die Bildungsinhalte andere. Während jedoch in unserer Wissenschaft die Herrschaft des Menschen eindeutig Vorrang hat, florierte neben den offiziellen Wissenschaften seit dem 12. Jahrhundert auch das Interesse an den sogenannten Geheimwissenschaften: Magie, Alchemie und Astrologie, und trotz der klaren theologischen Definition, daß Wunder allein aus der Allmacht Gottes resultieren und Magie auf dämonisches Wirken zurückzuführen sei, kursierte ein reichhaltiges magisches Wissen im Verborgenen. Weitergegeben - wenn überhaupt - nur in allegorischer oder verschlüsselter Sprache, hat manches davon Anwendung in der modernen Naturheilkunde gefunden.

Mit den von einem Hauch von Mystik umwehten Sieben Weltwundern der Antike, den Pyramiden von Gizeh, dem Artemistempel von Ephesos, dem Mausoleum von Halikarnoss, der Zeusstatue von Olympia, dem Leuchtturm von Alexandria, den Hängenden Gärten von Babylon und dem Koloß von Rhodos befaßt sich ein weiterer kurzweiliger und kenntnisreicher Beitrag des kunstvoll und ansprechend bebilderten Heftes.

Karfunkel-Verlag. Hauptstr. 85, 69483 Wald-Michelbach. Der Einzelpreis beträgt 5,90 Euro. das Jahresabo kostet 35 Euro. Internet: www.karfunkel.de 


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