© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 26/06 23. Juni 2006

UMWELT
Ausbeutung der Tiefsee
Volker Kempf

In den siebziger Jahren flimmerten Bilder von Savannen und wilden Tieren über die Bildschirme. Auch um zu zeigen, daß der Mensch der größte Feind dieser einzigartigen Lebenswelten sei. Eine Bewegung für die Schaffung von Naturschutzgebieten entstand. Die Elefanten hatten ihren Nutzen davon. 30 Jahre später wird die unbekannte Tiefsee vor die Kameras geholt. Auch hier lautet die Moral der Geschichte, daß der Mensch für sie die größte Bedrohung darstellt. Denn nicht nur die Kamera-, sondern auch die Tiefseefischereitechnik hat sich weiter perfektioniert. Manch ein Granatbarsch, der erst nach 32 geschlechtsreif ist, wird weit über 200 Jahre alt, wurde also schon zu Zeiten Napoleons geboren. Kaltwasserriffe brauchten gar Jahrtausende zu ihrer Entstehung und sind mit Schleppnetzen wie im Vorübergehen zerstört.

Achim Steiner, der letzte Woche Ex-Umweltminister Klaus Töpfer als Chef der UN-Umweltbehörde Unep ablöste, hat kürzlich darauf hingewiesen, daß beim Naturschutz die Fixierung internationaler Organisationen auf Küstengewässer nicht mehr zeitgemäß sei. Über 60 Prozent der Meere gehörten zur Hochsee, sie lägen damit außerhalb der nationalen Zuständigkeiten. Ausbeutung und Umweltzerstörung gehen dort quasi unkontrolliert vonstatten. Einiges ist zwar für den Naturschutz in Küstenregionen getan worden, aber Fortschritte der Naturzerstörung hat es eben auch gegeben. Dem muß Rechnung getragen werden. Aber wieder einmal läuft der Mensch seinen selbst geschaffenen Problemen hinterher. Leider regiert nicht die Vernunft, sondern das Flickwerk. Das ist die Realität. Wie sich das bei mehr Menschen und neuen ökonomischen Wachstumsregionen in der Welt ändern soll, ist nicht in Sicht.


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