© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 27/06 30. Juni 2006

Frisch gepresst

Das Samland. Die auf jeder Ostseekarte nördlich von Königsberg markant vorragende, fast viereckige "Nase" Ostpreußens: Das ist das heute im postsowjetischen "Kaliningrad" lediglich noch seine landschaftlich-geographische Integrität leidlich bewahrende Samland, eine preußisch-deutsche Kulturlandschaft mit 700jähriger Tradition. Hans-Georg Klemm, seit langem mit archivalisch grundierten Beiträgen im Samländischen Heimatbrief der Kreise Fischhausen und Landkreis Königsberg/Pr. vertreten, hat sich nun zusammen mit Monika Ziegler bemüht, in einem Band "Der Kreis Samland in historischen Ansichtskarten" diesen Teil Deutschlands ins kollektive Bildgedächtnis zurückzurufen (Teil 1: Das westliche Samland. 181 Ansichtskarten aus der Zeit von 1892 bis 1942 von den Städten, Seebädern und Orten des Kreises Fischhausen, Selbstverlag Kreisgemeinschaft Fischhausen e. V., Pinneberg 2005, 192 Seiten, Abbildungen, 16,50 Euro). Dank der Perlenkette seiner Seebäder (Cranz, Neukuhren, Rauschen, Neuhäuser) findet sich das Samland in der Chronologie der touristischen "Entdeckung Ostpreußens" (Robert Budzinski) vor der unvergleichlichen, bei Klemm mit einigen schönen Motiven berücksichtigten Kurischen Nehrung und weit vor Masuren. Um so rätselhafter, daß es dennoch nicht in die Serie der in den Verlagen von Weidlich und Flechsig seit Mitte der siebziger Jahre erschienenen Ansichtskartenbände aufgenommen worden ist. Nach über achtzig Jahren legt Klemm also eine wertvolle illustrative Ergänzung vor zu dem bis heute unerreichten landeskundlichen Standardwerk des in Fischhausen am Frischen Haff geborenen, als Verlagsdirektor nach Dresden verschlagenen Oscar Schlicht über "Das westliche Samland" (1922). Seit 2001 steht übrigens auch letztere antiquarische Rarität in einem Nachdruck des Verlages Peter Lang wieder zur Verfügung (2 Bde, 780 Seiten, 74,50 Euro).

 

Wilhelm Lehmann. An das wunderliche Annus gratiae 1968 könnte man sich eines fernen Tages vielleicht nur deshalb noch erinnern, weil es das Todesjahr des Lyrikers, Erzählers und Essayisten Wilhelm Lehmann war. "Kehrt Wilhelm Lehmann zurück?" Diese von Uwe Pörksen gestellte Frage dürfte daher selbstverständlich nur rhetorisch gemeint sein. Gerade das unprätentiöse Porträt, das seine Tochter Agathe Weigel-Lehmann von ihrem Dichtervater in dem von Pörksen edierten, Referate einer Eckernförder Tagung (JF 42/05) versammelnden Bändchen zeichnet (Wiederbegegnung. Wilhelm Lehmanns poetisches Spektrum. Wallstein Verlag, Göttingen 2006, 80 Seiten, broschiert, 10 Euro), ist Satz für Satz eine Aufforderung zur "Wiederbegegnung", der man sich schwer entziehen kann. Wie von ungefähr korrespondiert die von Pörksen gewählte Titelvignette A. Paul Webers, die erstmals 1935 Lehmanns in der "inneren Emigration" entstandenen Gedichtband "Antwort des Schweigens" zierte, mit einem der Erinnerungssplitter der Tochter, wenn sie berichtet, ein Nachbarsjunge habe ihr während der tausend Jahre "von einem Segelboot her hallend übers Wasser zugerufen: 'Ick glöw, dien Vadder un mien sün de grötsten Antinazis von Eggenföhr'."

Schutztruppe. Der Band 10 der "Beiträge zur Kolonialgeschichte" des Traditionsverbandes ehemaliger Schutz- und Überseetruppen (Kontakt: Wykhoffweg 39, 26725 Emden) schließt mit dem Verzeichnis aller Offiziere, die an den bis November 1918 andauernden Gefechten unter dem legendären General von Lettow-Vorbeck mit den englischen Kolonialtruppen teilnahmen, eine wichtige kolonialhistorische Lücke (Wolfgang Maillard, Jürgen Schröder, Hrsg.: Das Offizierkorps der Schutztruppe für Deutsch-Ostafrika im Weltkrieg 1914-1918. Emden 2005, 116 Seiten, broschiert, 9 Euro).


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