© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 28/06 07. Juli 2006

Rückgabeanspruch
Enteignungen: Erfolg in einem Herausgabeverfahren
Klaus Peter Krause

Auch für in der Sowjetischen Besatzungszone (SBZ) entzogene Vermögen besteht ein Rückgabeanspruch (JF 17/06). Er besteht entgegen dem einst von der Bundesregierung Kohl vorgetäuschten Rückgabeverbot für sogenannte Enteignungen unter sowjetischer Besatzungshoheit. 1990 soll die damalige Sowjetunion für die Vermögensentziehungen in ihrer Besatzungszone (1945/49) ein solches Verbot verlangt haben - als Bedingung für ihre Zustimmung zur Wiedervereinigung. Daß dies nicht zutrifft, ist längst erwiesen. Aber in den meisten Verfahrensfällen wird die Rückgabe mit dem Hinweis auf dieses vermeintliche Verbot noch immer blockiert. Doch konnten einige auf diese Materie spezialisierte Anwälte die Blockade in zahlreichen Einzelfällen durchbrechen.

So auch jüngst wieder. In dem Rückgabeverfahren ging es um eine mittelständische Maschinenfabrik und Eisengießerei in Zwickau. Eigentümer waren zwei Brüder. Beide sind damals als "aktive Nationalsozialisten" denunziert worden. Daraufhin verurteilte das Landgericht Zwickau sie 1949 zum Entzug ihres Vermögens. Doch 1992 hob das Bezirksgericht dieses Urteil als rechtsstaatswidrig auf. Die Brüder wurden rehabilitiert, weil es sich um eine erkennbar willkürliche Verurteilung gehandelt habe.

Anspruch auf Zahlung eines Verkehrswertes

Damit hatten die Erben der Brüder einen Rückgabeanspruch, wie ihn die Rechtsprechung für rechtsstaatswidrige Strafurteile mit Vermögensentzug inzwischen grundsätzlich einräumt und einräumen muß. Aber das Landesvermögensamt verweigerte die Rückgabe. Das Vermögen sei den Brüdern schon vor dem Strafurteil entzogen worden, nämlich als Enteignung durch den "Sächsischen Volksentscheid". Die Anwaltskanzlei der Erben konnte aber im Verfahren gegen das Vermögensamt vor dem Verwaltungsgericht Dresden belegen, daß diese Enteignung gegen den ausdrücklichen Willen der Besatzungsmacht geschehen war. Daraufhin nahm das Amt seinen negativen Bescheid zurück und erließ zugunsten der Erben einen positiven. Der Bescheid ist bestandskräftig.

Da aber die staatliche Treuhandanstalt die Betriebsimmobilien längst verkauft hat, muß die Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben (BvS) als ihre Nachfolgerin den Verkaufserlös herausgeben. Falls die Treuhandanstalt die Immobilien unter dem damaligen Verkehrswert verkauft hat, dann bestehe, so teilt die mit dem Verfahren betraute Berliner Kanzlei Stefan von Raumer mit, auch ein Anspruch auf Zahlung dieses Verkehrswertes. Üblicherweise erhalten Eigentümer, die Opfer "besatzungshoheitlicher Enteignungen" sind, also ihres Vermögens in der SBZ beraubt wurden, nur Ausgleichszahlungen zwischen ein bis fünf Prozent des Verkehrswertes, teils sogar unter ein Prozent.

Allerdings sind gerichtliche Erfolge wie dieser bisher nur Erfolge in solchen Fällen, die in der SBZ-Zeit ausdrücklich als Strafrechtsverfahren inszeniert worden sind. Dagegen haben die meisten Opfer der politischen Verfolgung samt Vermögensentzug der gleichen Zeit Rehabilitierung und Vermögensrückgabe beziehungsweise Erlösauskehr noch immer nicht erreicht, weil ihre Verfolgung verwaltungsrechtlich und pauschal geschah, jedenfalls formal, und obwohl diese Verfolgung tatsächlich das gleiche strafrechtliche Ziel und Ergebnis hatte.

Doch kommen die Erfolge in den individuellen Einzelfällen indirekt und allmählich auch dieser Opfermehrheit zugute. Sie brechen nämlich immer mehr Steine aus der bisher stereotypen Argumentation von Behörden und Gerichten heraus, nach der eine Rückgabe auch an unschuldig und menschenrechtswidrig Verfolgte grundsätzlich zu unterbinden sei, weil das die einstige Sowjetunion 1989/90 der Regierung Kohl so vorgegeben habe. Die tatsächlichen gesetzlichen Regelungen folgen dieser Vorgabe aber gerade nicht.


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